Rund 600 Tage vor den Olympischen Spielen 2024 ist die deutsche Segel-Nationalmannschaft hoffnungsvoll und selbstbewusst, jubelte diese Saison über zwei Weltmeistertitel und etliche Top-Ten-Platzierungen. Für vier Olympia-Legenden hieß es 2022 Abschiednehmen vom Hochleistungs-Segelsport.
Mit einem Lächeln im Gesicht und einem achten Platz bei ihrer Lieblings-Regatta, der Kieler Woche, verabschiedeten sich Tina Lutz und Susann Beucke aus dem olympischen Segeln. Die Crew hatte sich mit ihrer Silbermedaille im 49erFX in Tokio einen lang gehegten Traum erfüllt und danach entschieden, dass es Zeit wird für ein neues Lebenskapitel. Tina ist in ihrem ersten Job als Personalreferentin angekommen, während Susann als erste deutsche Frau bei der Vendée Globe einhand um die Welt segeln will. Auch für zwei Legenden im 49er markiert 2022 den Abschied aus dem Leistungssport. Erik Heil und Thomas Plößel, die Bronzemedaillengewinner von Rio und Tokio, beenden nach über 20 Jahren ihre gemeinsame Segelkarriere. Sie sagen: „Es gibt auch andere Segel- und Lebensbereiche, die uns Spaß machen und fordern.“ Beide wollen ihre Erfahrung künftig an hoffnungsvolle Talente im German Sailing Team weitergeben und stehen dazu in engem Austausch mit DSV-Sportdirektorin Nadine Stegenwalner.
„Ist das gerade wirklich passiert?“
WM-Gold im iQFOiL und im 470er-Mixed – in den neuen olympischen Segeldisziplinen beeindruckte das German Sailing Team die Konkurrenz. Windsurfer Sebastian Kördel vom Norddeutschen Regatta Verein setzte sich im „The Winner takes it all“-WM-Finale in Brest nervenstark gegen die Konkurrenz durch und fragte im Ziel: „Ist das gerade wirklich passiert?“
Nur eine Woche später triumphierten Luise Wanser und Philipp Autenrieth in der olympischen Mixed-Jolle. Bei der WM in Israel gewann das German Sailing Team mit drei Teams in den Top-Ten zudem den Preis für die beste Nation. Simon Diesch und Anna Markfort (Württembergischer Yacht-Club/Joersfelder Segel-Club/Verein Seglerhaus am Wannsee) erzielten WM-Platz fünf und Malte und Anastasiya Winkel (Schweriner Yacht-Club/Norddeutscher Regatta Verein) den sechsten Platz.
Erfolgreiche GST-Juniorinnen und -Junioren
Die deutschen Nachwuchsseglerinnen und -segler waren 2022 ebenfalls häufig auf dem internationalen Podium vertreten. Ole Schweckendiek gewann im ILCA 6 die U21-EM, wurde Dritter bei der Jugend-Weltmeisterschaft und gewann die U21-WM in seiner neuen Bootsklasse ILCA 7. Der dritte Platz von Julian Hoffmann und der U19-Vizetitel von Pia Conradi im ILCA 6 machten den deutschen Erfolg bei der WM perfekt.
Großen Respekt ersegelte sich das 420er-Team Amelie Wehrle und Amelie Rinn mit der Silbermedaille bei der Jugend-Weltmeisterschaft und dem Gewinn der Jugend-Europameisterschaft, Theresa Steinlein gewann im iQFOiL WM-Bronze in der U21 Wertung. Im 420er gewannen Severin Gericke und Xaver Schwarz U17 WM-Gold und Silber bei der U17 Europameisterschaft. Valentina Steinlein und Lea Adolph wurden im 420er ebenfalls U17-Weltmeisterinnen und belegten bei der WM Gesamtplatz 3. ILCA 6-Steuerfrau Linda Hensel jubelte über Silber bei der U19 Weltmeisterschaft. Bei den Skiff-Crews gewannen Valentin Müller und Moritz Fiebig U21 Silber bei der Junioren-WM der 49er, Anna Barth und Alva Feilcke wurden bei dem Event Erste in der U19 Wertung.
Weniger präsent als gewohnt waren in diesem Jahr Philipp Buhl (NRV) und die Nacra-17-Bronzecrew Paul Kohlhoff und Alica Stuhlemmer vom Kieler Yacht-Club. Während der Leistungsträger im ILCA 7 sich nach der in seinen Augen enttäuschenden WM im Mai eine Auszeit von der Einhandjolle verordnete und zurzeit die neue Kampagne strukturiert, wurde Paul Kohlhoff im Frühjahr Vater. Eine Knieverletzung von Vorschoterin Alica Stuhlemmer bremste das Comeback der Crew nach der Babypause des Steuermanns ein. Seit dem Frühherbst sammeln Kohlhoff/Stuhlemmer aber bereits wieder Wasserstunden im Olympiarevier vor Marseille.
Deutsche Basis in Marseille steht
In der französischen Hafenstadt wird gerade die Roucas-Blanc-Marina zum Olympiahafen und olympischen Dorf für Seglerinnen und Segler umgebaut. Das German Sailing hat seine Basis im Yacht Club de Pointe Rouge etwas nördlich errichtet. Unter der Regie vom Bundestrainer Technologie Olli Freiheit ist dort in Zusammenarbeit mit dem Olympic Performance Manager Marcus Lynch ein Trainings- und Logistik-Stützpunkt für die deutschen Kaderseglerinnen und -segler entstanden. Ein Werkstatt- und Bürocontainer ermöglicht schnelle Reparaturen im Trainingslager und detaillierte Auswertungen der Trainingseinheiten, während der klimatisierte Aufenthaltscontainer Schutz vor Wind, Wetter und Hitze bietet. Diese Logistik ermöglicht es dem Team, wertvolle Erfahrungen im Olympiarevier zu machen.
Der erste große Leistungstest für Olympia jedoch findet nicht im Mittelmeer, sondern an der Nordsee statt: Bei der Weltmeisterschaft aller zehn olympischen Klassen 2023 in Den Haag werden die ersten Nationen-Startplätze für Paris 2024 vergeben. Die starken Leistungen dieses Jahres stimmen zuversichtlich, dass das German Sailing Team bereits im ersten Anlauf in der Mehrzahl der Klassen diesen wichtigen Meilenstein erreichen kann.
Herzlich danken möchten wir an dieser Stelle all unseren Partnern für das olympische Segeln, allen voran der Peter Frisch GmbH, Liros Ropes, Kühne & Nagel, der Deutschen Sporthilfe und der Spitzensportförderung der Bundeswehr. Ihr seid unverzichtbare Partner auf dem Weg nach Marseille!