Im Kampf um olympische Nationenstartplätze, Medaillen und Punkte für die nationale Olympia-Ausscheidung steht für das German Sailing Team vor Auckland viel auf dem Spiel.
Vom 3. bis 8. Dezember 2019 steigt die vielleicht wichtigste Weltmeisterschaft für Deutschlands Olympiakandidaten in diesem Jahr. In gleich drei Top-Disziplinen – 49er, 49erFX und Nacra 17 – sind Deutschlands Beste teilweise dreifach gefordert.
Die wichtigste Aufgabe für die 49erFX-Seglerinnen und die foilenden Nacra-17-Mixed-Katamaran-Crews: Sie müssen den noch fehlenden Nationenstartplatz für die olympischen Spiele 2020 sichern. Die deutschen 49er-Crews konnten diesen Platz bereits bei der WM 2018 in Aarhus sichern. Für das gesamte Aufgebot der Segelnationalmannschaft geht es im America’s Cup-Revier vor Auckland um WM-Medaillen und Top-Platzierungen.
Die Skiff-Akteure haben noch eine dritte Aufgabe auf ihrer Liste: Für die starke Flotte der GER-49er-Crews und die beiden 49erFX-Teams markiert die WM den Auftakt zur dreiteiligen nationalen Olympia-Ausscheidung, an deren Ende nur jeweils ein Team Kurs auf Enoshima nehmen kann.
Und als wäre das nicht schon genug Spannung, sieht sich auch die internationale Konkurrenz mit ähnlich multiplen Herausforderungen konfrontiert. Die gute Nachricht für deutsche Olympiafans: Die deutschen Akteure zählen in allen drei Disziplinen zum erweiterten Favoritenkreis.
Allen voran die 49er-Crews, die mit den Rio-Bronzemedaillen-Gewinnern Erik Heil/Thomas Plößel (Norddeutscher Regatta Verein), den Europameistern von 2015, Justus Schmidt/Max Boehme (Kieler Yacht-Club), den WM-Dritten von 2018, Tim Fischer/Fabian Graf (Norddeutscher Regatta Verein/Verein Seglerhaus am Wannsee) und den schnellen jungen Nachwuchsseglern Jakob Meggendorfer/Andreas Spranger (Bayerischer Yacht-Club) sowie weiteren vielversprechenden Talenten auf die Jagd gehen.
Bundestrainer optimistisch
Nach den ersten Trainingseinheiten sagte 49er-Bundestrainer Mark Pickel: „Die Stimmung im Team ist sehr gut. Wir haben uns gut eingelebt und sind bereit für die Herausforderungen.“ Das bestätigt auch 49er-Bundestrainer Max Groy, der die jüngeren GST-Top-Teams betreut: „Dass wir den Nationenstartplatz schon gesichert haben, ist natürlich gut. Die Weltspitze im 49er ist – das war schon bei der WM 2018 in Aarhus zu sehen – enger zusammengerückt. Damit lassen sich Prognosen weniger leicht treffen, vieles ist möglich und denkbar. Unser Ziel ist klar: Wir wollen die bestmögliche WM segeln, schielen nicht zu sehr auf die beginnende Ausscheidung. Auch unsere jüngeren Teams haben schon in der Vergangenheit gezeigt, dass sie auf Augenhöhe mit der Weltspitze kämpfen können.“
Vor Auckland sind in den drei Disziplinen insgesamt 14 Olympiasieger im Einsatz, viele von ihnen mit neuen Booten. So auch Erik Heil und Thomas Plößel, die sich in Rio de Janeiro vor drei Jahren Platz drei erkämpft haben. Steuermann Erik Heil sagte vor dem WM-Start in Auckland: „Unser neues Boot fühlt sich etwas anders an, fährt aber sehr gut und hat vom ersten Trainingstag an die Speedtests mitdominiert. Wir haben – wie immer – drei Szenarien im Kopf: Optimal wäre eine Top-Drei-Platzierung, normal wäre ein Platz zwischen drei und acht, eher schlecht alles andere. Ich denke, dass unsere nationale Ausscheidung nicht schon hier zum Auftakt entschieden wird, sondern eher über die volle Distanz bis zur Trofeo Princesa Sofía im Frühjahr 2020 andauert. Natürlich wollen wir von dieser WM möglichst viele Punkte dafür mitnehmen. Das vielseitige Revier passt gut zu unserem Stil, wir mögen es, wenn alles abgefragt wird.“
Nationenticket, WM-Wertung und interne Quali
Zur Dreifach-Herausforderung für die deutschen 49erFX-Seglerinnen sagte Vorschoterin Susann Beucke aus Strande: „Die Anzahl unserer Aufgaben macht keinen großen Unterschied, weil sie sich nicht ausschließen. Wir haben extrem viel trainiert und wissen, dass wir nicht härter hätten arbeiten können. Wir können selbstbewusst in diese WM gehen und das machen wir auch. Je besser wir fahren, desto höher ist die Chance, dass alles eintritt, was wir uns wünschen.“
Beide deutsche Damen-Crews haben vor allem die Sicherung des Nationenstartplatzes im Visier, ohne den eine Olympia-Teilnahme nicht möglich ist. Die Sicherung des Nationenstartplatzes bedeutet nicht, dass auch das entsprechende Team selbst qualifiziert ist. Wer den Startplatz besetzen darf, wird in allen Segeldisziplinen in einer dreiteiligen Ausscheidung ermittelt, deren Punkt-Sieger am Ende das Enoshima-Ticket löst. Daher geht es beim Ausscheidungs-Auftakt für die Skiffseglerinnen und -segler in Neuseeland auch darum, möglichst viele Zähler für das eigene Team-Konto zu sammeln.
Gute Chancen im Nacra 17
Im Nacra 17 ist neben den inzwischen in die Weltspitze vorgedrungenen Paul Kohlhoff und Alica Stuhlemmer vom Kieler Yacht-Club bei diesen Welttitelkämpfen ein neues Mixed im Einsatz: Für den verletzten Johannes Polgar übernimmt Jan Hauke Erichsen (Flensburger Segel-Club) die Pinne und bildet nun eine Mannschaft mit der erfahrenen Vorschoterin Carolina Werner vom Kieler Yacht-Club. Beide Teams können und wollen sich vor allem auf die Sicherung des Nationenstartplatzes konzentrieren. Ihr nationaler Ausscheidungs-Dreiteiler beginnt erst Anfang Februar mit der Weltmeisterschaft 2020 im australischen Geelong. Nacra-17-Steuermann Paul Kohlhoff: „Unser absoluter Fokus liegt auf der Nationenqualifikation. Das sollte uns unter normalen Umständen selbst mit einer unterdurchschnittlichen Leistung gelingen. Wir sind so fit, wie wir sein wollten, fühlen uns gut und ausgeglichen.“
Die deutschen 49er-Teams bei dieser WM:
- Erik Heil/Thomas Plößel (Norddeutscher Regatta Verein)
- Justus Schmidt/Max Boehme (Kieler Yacht-Club)
- Tim Fischer Fabian Graf (Norddeutscher Regatta Verein/Verein Seglerhaus am Wannsee)
- Jakob Meggendorfer/Andreas Spranger (Bayerischer Yacht-Club)
- Max Stingele/Linov Scheel (Kieler Yacht-Club)
- Nils Carstensen/Jan Frigge (Flensburger Segel-Club)
Die deutschen 49erFX-Teams bei dieser WM:
- Victoria Jurczok/Anika Lorenz (Verein Seglerhaus am Wannsee)
- Tina Lutz/Susann Beucke (Chiemsee Yacht-Club/Hannoverscher Yacht-Club)
Die deutschen Nacra-17-Teams bei dieser WM:
- Paul Kohlhoff/Alica Stuhlemmer (Kieler Yacht-Club)
- Jan Hauke Erichsen/Carolina Werner (Flensburger Segel-Club/Kieler Yacht-Club)
Die Weltmeisterschaft 2019 im neuseeländischen Auckland im Überblick
Die Disziplinen:
- 49er (Skiff, Männer)
- 49erFX (Skiff, Frauen)
- Nacra 17 (foilender Katamaran, Mixed-Crew)
- Anzahl Teilnehmer bei dieser WM: 412 Seglerinnen und Segler, 206 Teams, 41 Nationen
- Anzahl Olympiasieger bei dieser WM: 14
- Programm: 3. bis 8. Dezember (letzte Fleeraces & Medaillenrennen)