Steve Lovegrove ist der deutschen Bundestrainer für 470er-Mixed. Am vergangenen Samstag durfte er über das erste Weltmeisterschafts-Gold in seiner Coach-Karriere jubeln. Über seine Erwartungen vor der WM, die Stärke seiner Trainingsgruppe und den harten internationalen Konkurrenzkampf in der olympischen Mixed-Jolle spricht der Brite im German Sailing Team-Interview.
Steve, mit welchen Erwartungen bist du an die WM gegangen?
Ich hatte die Erwartung, dass die Teams jeden Tag ihre beste Leistung erbringen und die Dinge kontrollieren, die sie kontrollieren können, dass sie sich nicht von vermeintlich guten und schlechten Tagen aus dem Konzept bringen lassen und das Vertrauen in ihre Abläufe behalten. Ich wusste, wenn den Teams das gelingt, dann können wir auch eine Medaille gewinnen.
Was war dein persönliches Highlight bei der WM?
Für mich als Coach ist es immer ein Highlight, wenn ein Athlet einen besseren Weg findet, etwas zu tun, diese Erkenntnis direkt in der Regatta umsetzt und dadurch besser wird. Bei der Weltmeisterschaft ist kein deutsches Team in der ersten Wettfahrt besonders gut gesegelt. Aber sie haben reflektiert, was passiert ist, und sind im Laufe der Regatta immer besser geworden.
Dass Luise und Philipp den Weltmeistertitel schon einen Tag vor Schluss sicher hatten – und damit den ersten 470er-Titel für Deutschland seit 28 Jahren – das ist herausragend. Aber auch Simon und Anna sind sehr gut gesegelt und hatten eine Medaillenchance. Malte und Nastya haben große Kampfstärke gezeigt, als sie sich mit einem fantastischen Medal Race noch auf den sechsten Platz verbesserten.
Ich habe zuvor schon Teams zu Medaillen bei Welt- und Europameisterschaften gecoacht, aber das ist meine erste WM-Goldmedaille als Trainer. Diesen Moment werde ich nicht vergessen, auch nicht die starke Leistung des gesamten Teams, das sehr verdient die Nation`s Tophy gewonnen hat. Wir werden den Moment feiern, aber es gibt noch viel zu tun!
Welches Potenzial hast du in der Gruppe gesehen, als ihr vor einem Jahr die Zusammenarbeit begonnen habt?
Ich habe riesiges Potenzial gesehen, sowohl bei den einzelnen Seglerinnen und Segler als auch in den Teams und der Trainingsgruppe als Gesamtheit. Ich hatte das Gefühl, dass die Vielfalt in der Gruppe eine große Stärke sein kann, wenn wir sie richtig nutzen.
Warum ist Deutschland so stark im 470er Mixed?
Ich bin mir nicht sicher, ob ich der richtige bin, um diese Frage zu beantworten, da ich hauptsächlich mit Mixed-Teams gearbeitet habe. Und natürlich gibt es noch viel mehr zu tun. Ich kann nur sagen, dass mit jeder „neuen“ Klasse neue Chancen kommen, und wir, der DSV und die Athleten, uns früh entschieden haben, das Programm und die Entwicklung der Teams zu unterstützen.
Wie hoch ist das Niveau der 470er-Weltelite ein Jahr nach dem Wechsel zu Mixed? Glaubst du, dass wir bis 2024 noch eine große Leistungsentwicklung sehen werden?
Etliche Olympiasieger und Weltmeisterinnen sind in die Mixed-Disziplin gewechselt, sodass das Niveau wie bei jeder anderen olympischen Klasse hoch ist. In Richtung Paris 2024 werden alle Nationen weiter hart pushen, das ist sicher. Ich sage den Seglerinnen und Seglern oft, dass unser einziger nachhaltiger Vorteil darin besteht, schneller zu lernen als unsere Konkurrenz – also bleibt das unser Ziel!
Die Persönlichkeiten in der 470er-Mixed-Trainingsgruppe sind sehr unterschiedlich. Wie ist es euch gelungen, zu einer Trainingseinheit zusammenzuwachsen?
Wir gehen in der Gruppe offen damit um, was wir erreichen wollen. Wir erkennen an, wenn etwas gut gelaufen ist, aber auch wenn Fehler gemacht werden, und wir arbeiten intensiv daran, im Training auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Teams einzugehen.
Wir haben gerade durch die vielen sehr verschiedenen Persönlichkeiten eine unglaublich starke Trainingsgruppe. Diese Diversität macht es aber nicht immer einfach, weil unterschiedliche Persönlichkeiten unterschiedliche Perspektiven und mehr Reibung bedeuten. Aber ohne Reibung gibt es keine Vorwärtsbewegung!