Direkt im Anschluss an die YES-Regatta fand am 11.6. in Kiel-Schilksee ein Workshop für die Seglerinnen und Segler der Jugend-Nationalmannschaft statt. Im Zentrum standen die Grundlagen einer leistungssportlichen Karriere, vom Balanceakt Schule-Studium-Segeln bis hin zum Ansprechen der richtigen Sponsoren.
Die Anstrengungen der windigen YES-Regatta steckte den knapp 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Workshops am Dienstagmorgen noch in den Knochen. Dennoch hatte Justus Schmidt, der erste Referent, sofort die volle Aufmerksamkeit. Der 27-Jährige Steuermann gehört aktuell zu den besten 49er-Seglern Deutschlands und hat mit seinem Vorschoter Max Boehme die kaderinterne Qualifikation für das olympische Testevent in Japan gewonnen.
Justus Schmidt kann bereits auf die Erfahrung einer Olympiakampagne zurückblicken, seine Leistungssportlaufbahn begann 2006. Der Sportsoldat weiß, welche Steine auf dem Weg einer erfolgreichen Kampagne liegen können. Ein großes Hemmnis war für ihn persönlich der Spagat zwischen Uni und Segeln. Er habe eher aus schlechtem Gewissen heraus studiert, so Schmidt – der Fokus lag weder ganz auf dem Sport, noch ganz auf der akademischen Laufbahn. Darunter litt die Leitung in beiden Feldern. Besser lief es in der zweiten Kampagne, als Justus Schmidt komprimiert vier Semester sein Studium durchzog und sich dann komplett auf das Segeln konzentrierte. Der EM-Sechste von 2019 gab den Nachwuchssportlern außerdem mit, dass eine verpasste Kader-Qualifikation auch eine Chance sein kann, selber aktiv zu werden und Fördergelder einzuwerben. Ohnehin sei es besser, sich handlungsorientierte Ziele zu setzen, zum Beispiel 200 Tage im Jahr auf dem Wasser zu verbringen, als auf starre Leistungskriterien hinzuarbeiten.
Schmidt/Boehme haben sich neben den Fördergeldern des Bundes und der Sporthilfe eine gesunde Sponsoren-Basis erarbeitet, um ihre Kampagne zu finanzieren. Für junge Sportler ist das Suchen und Finden von Partnern eine Herausforderung. Aus diesem Grund hatte Bundesstützpunkt-Leiter Hendrik Ismar den Experten Frank Hadamczik zum NK2-Workshop eingeladen. Hadamczik leitet die Unternehmenskommunikation bei einem großen Berliner Wohnungsunternehmen, auf seinem Tisch landen im Jahr gut 100 Sponsoring-Anfragen von Einzelsportlern und Teams. Um ein Unternehmen als Partner zu gewinnen, sei der sportliche Erfolg nur ein Teilaspekt, so Hadamczik. Wichtiger seien die Persönlichkeit und die Leistung, die der Sponsor zurückbekomme – so sei zum Beispiel ein Wochenende Schnuppersegeln mit der regionalen Grundschule für den potenziellen Sponsor viel interessanter als das Logo im Großsegel bei einer internationalen Regatta.
Auf der Suche nach potenziellen Partner hilft ein professioneller und sympathischer Auftritt in den Sozialen Medien. Wie Facebook, Instagram und YouTube am besten bespielt werden, erklärte Alexander Sehner, Geschäftsführer der Hamburger Online-Marketing-Agentur Scoop. Regelmäßiger, authentischer Content und die Interaktion mit den Fans seien der Schlüssel zu einem erfolgreichen Auftritt, so Sehner. Er zeigte anhand von Beispielen aus anderen Sportarten, wie man es schafft, sich mit seinen Kanälen von der Masse abzuheben – und auf der anderen Seite, welche Inhalte auf einer Sportler-Fanpage nichts zu suchen haben.
Der Nachmittag stand in Kiel-Schilksee im Zeichen der Doping-Prävention. Zwei Referenten der Nationalen Anti-Doping-Agentur NADA machten die jungen Sportlerinnen und Sportler mit der Kontroll-Systematik bekannt und sensibilisierten dafür, dass auch frei verkäufliche Medikamente teils auf Dopinglisten stehen. Die NADA-Schulung gehört zum Pflichtprogramm für alle Kadersegler. Auch wenn im Nachwuchsbereich eher selten kontrolliert wird, ist es wichtig zu wissen, wie die NADA arbeitet.
Zwar stehen die Segler der Jugend-Nationalmannschaft noch am Anfang ihrer Karriere – aber wie kann es gelingen, nach dem Sport den Eintritt in den Beruf zu schaffen? Zu diesem Thema sprach Florian Spalteholz in seinem Impulsvortrag „Leistung schafft Perspektive“. Der 42-Jährige Diplom-Ingenieur segelte 2008 mit Johannes Polgar bei den olympischen Spielen im Tornado auf den achten Platz. Anschließend sammelte Spalteholz erste Berufserfahrungen bei seinem damaligen Sponsor EWE, heute arbeitet er bei einem Hamburger Ingenieurbüro. Seine Erfahrungen aus dem Leistungssport helfen ihm im Beruf jeden Tag, so der ehemalige Tornado-Vorschoter: Zum einen reife die Persönlichkeit durch den Umgang mit Erfolg und Misserfolg, zum anderen falle es ihm leichter als anderen, auch in Drucksituationen souverän zu agieren. Menschen begeistern, Mitarbeiter motivieren, all dies gelänge ihm als ehemaligem Leistungssportler oft besser.
Bundesstützpunkt-Leiter Hendrik Ismar zog nach dem Workshop ein zufriedenes Fazit: „In der Abschlussrunde waren alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer begeistert. Die Inhalte haben gut zu den Bedürfnissen und der Lebenssituation unserer Nachwuchssportler gepasst“. Auch im kommenden Jahr soll speziell für den Nachwuchs wieder ein Workshop angeboten werden. Parallel finden an den Bundesstützpunkten Nachwuchs über das ganze Jahr verteilt „Zukunfts-Workshops“ statt, bei denen der Übergang von der Schule in den Spitzensport im Vordergrund steht. Denn mit dem Beginn des Studiums brechen viele Talente weg – dabei kann eine duale Karriere im Segelsport mit den richtigen Informationen gut funktionieren.
Wir danken allen Teilnehmern des NK2-Workshops und den Referenten für einen rundum gelungenen Workshop. Ein besonderer Dank gebührt dem Heinz-Nixdorf-Verein, der die Veranstaltung finanziell und persönlich unterstützt hat.