Das German Sailing Team blickt auf ein Jahr mit unvergesslichen Höhepunkten zurück und nimmt Anlauf für die vorolympische Saison 2019.
Für die größte Überraschung im German Sailing Team haben 2018 ein Sportsoldat und ein Student aus Kiel gesorgt. Lange schon als Top-Talente im 49er-Perspektivkader gehandelt, katapultierten sich Tim Fischer (Norddeutscher Regatta Verein) und Fabian Graf (Verein Seglerhaus am Wannsee) mit ihrer WM-Bronzemedaille vor Aarhus mitten hinein in die Weltspitze – und damit ebenso in den Olympiakader des DSV.
Erfolgreichster Athlet im German Sailing war auch 2018 wieder Philipp Buhl. Der Laser-Steuermann vom Segelclub Alpsee-Immenstadt krönte seine Saison mit WM-Bronze in Aarhus. Auf Weltranglistenposition zwei verabschiedet sich Buhl gestärkt aus einer Saison, die ihm nicht nur einen neuen Satz Medaillen, sondern auch wertvolle Erkenntnisse und viel Motivation beschert hat. Buhl gewann das Weltcup-Finale vor Marseille, die Kieler Woche und wurde Zweiter beim Sailing World Cup vor Miami. „Es ist die Konstanz auf noch höherem Niveau, die das Resultat harter Arbeit ist und mich am Ende dieser Saison sehr zufriedenstellt“, zieht Buhl Bilanz.
Für 2019 hat sich der 28-Jährige viel vorgenommen: „Ich will mein Fitness-Level noch weiter anheben und meine intensivierte Auswertungsarbeit fortsetzen, die mir in diesem Jahr viel gebracht hat.“ Über detailreiche Regatta-Statistiken hat der Schützling von Bundestrainer Alex Schlonski sein Handlungsrepertoire erweitert, kann immer öfter „fast ein wenig hellseherisch das Startverhalten der Flotte“ in den unterschiedlichsten Bedingungen antizipieren. „Das gibt mir große Sicherheit“, erklärt Buhl. Die sportlichen Ziele für 2019 sind für den Allgäuer klar definiert: „Ich will mich für die Pre-Olympics qualifizieren und dort in die Top Drei kommen. Und ich will wieder um den WM-Titel kämpfen.“
Tokio 2020: Drei Nationenstartplätze bereits sicher
Für die Olympischen Spiele 2020 konnten neben Buhl auch die deutschen 49er-Segler sowie Laser-Radial-Steuerfrau Svenja Weger vom Potsdamer Yacht-Club mit ihren WM-Ergebnissen die Nationenqualifikation sichern. Damit konnten bereits drei von zehn möglichen Nationen-Tickets auf der Haben-Seite des German Sailing Teams verbucht werden. Weil im Windsurfen aktuell keine Kadersportler aktiv sind, bleiben fünf Nationen-Hürden zu nehmen. „Das ist eine lösbare, wenngleich auch in einigen Disziplinen sehr fordernde Aufgabe“, sagt DSV-Sportdirektorin Nadine Stegenwalner. In den Disziplinen 49er FX, 470er Männer, 470er Frauen, Nacra 17 und Finn Dinghy soll der olympische Startplatz für jeweils ein deutsches Team 2019 noch gesichert werden. „Es ist unser erklärtes Ziel, in Tokio in acht Disziplinen zu starten“, stellt Stegenwalner klar.
Starke Trainingsgemeinschaften, vielversprechende Platzierungen
Rund 110 Seglerinnen und Segler werden im kommenden Jahr im Olympiakader, im Perspektivkader, im Nachwuchskader und in der Jugend-Nationalmannschaft des DSV gefördert. Dazu zählt auch das Nacra 17-Team Paul Kohlhoff/Alica Stuhlemmer (Kieler Yacht-Club), von denen nicht nur Trainer Marcus Lynch eine weitere Leistungssteigerung erwartet. Kohlhoff/Stuhlemmer verpassten die vorzeitige Nationenqualifikation für die Olympischen Spiele bei der Weltmeisterschaft, haben aber nach der schweren Operation Kohlhoffs und einer monatelangen Reha in 2018 alle Erwartungen übertroffen. „Grandios, was diese junge Mannschaft unter sehr schweren Vorzeichen geleistet hat“, sagt Stegenwalner.
Zu rechnen sein wird 2019 auch mit drei durchstartenden 49er-Teams – neben Fischer/Graf machen nach studienbedingten Auszeiten die Rio-Bronze-Gewinner und WM-Vierten Erik Heil/Thomas Plößel (Norddeutscher Regatta Verein) und Justus Schmidt/Max Boehme (Kieler Yacht-Club) das deutsche Weltklasse-Skiff-Kleeblatt wieder dauerhaft komplett. Aus der von Heil als „weltbeste Trainingsgemeinschaft“ bezeichneten Partnerschaft mit Schmidt/Boehme ist mit Fischer/Graf nun ein Trio geworden.
Im Medaillenspiegel von der WM in Dänemark mit ihren 1400 Athleten aus 85 Nationen ist das German Sailing Team unter den acht Nationen, die zwei oder mehr Medaillen holten. „Auch wenn es noch sehr viel zu tun gibt und nicht alle unsere Top-Segler ihr Potenzial in Aarhus haben abrufen können, ist das eine gute Basis auf Kurs Tokio 2020“, konstatiert Torsten Haverland, DSV-Vizepräsident Leistungssegeln.
Über die Saison machten vielen Crews aus dem German Sailing Team mit starken Einzelergebnisse auf sich aufmerksam. So gewannen Victoria Jurczok/Anika Lorenz (Verein Seglerhaus am Wannsee) im 49er FX den World Cup in Miami und sicherten sich bei der Europameisterschaft mit einem beherzten Medal Race die Silbermedaille. Mit EM-Silber dekoriert wurden ebenfalls Frederike Loewe und Anna Markfort (Verein Seglerhaus am Wannsee) im 470er. Ihre Trainingspartnerinnen Nadine Böhm und Ann-Christin Goliaß (Deutscher Touring Yacht-Club) gewannen EM-Bronze, ebenso wie das 470er-Team Malte Winkel und Matti Cipra (Schweriner Yacht-Club/Plauer Wassersportverein).
Nachwuchs beeindruckt im Laser, 470er und 49er
Auch im Nachwuchsbereich gab es Erfolge: Unter der Regie von Nachwuchstrainer Oliver Freiheit holte Max Wilken vom Röbeler Segler-Verein „Müritz“ sowohl bei der U21-Weltmeisterschaft als auch bei der U21-Europameisterschaft Silber. Trainingspartner Philipp Loewe setzte sogar noch eins drauf, erkämpfte bei der U21-Weltmeisterschaft den Titel! Der 20-jährige Zahnmedizin-Student und Junioren-Weltmeister vom Verein Seglerhaus am Wannsee hatte am Ende der Serie im polnischen Gdynia sagenhafte 34 Punkte Vorsprung vor seinem nächsten Verfolger.
Europameisterinnen und Vizeweltmeisterinnen bei den Juniorinnen wurden 470er-Steuerfrau Theres Dahnke vom Plauer Wassersportverein und Birte Winkel vom Schweriner Yacht-Club.
Auch das 49er-Team Max Stingele und Linov Scheel (Kieler Yacht-Club) trug mit der Silbermedaille bei der U23-WM zur guten Bilanz im Nachwuchsbereich bei.
Ausblick auf 2019
Das Jahr 2019 läutet neben vielen Welt- und Kontinentalmeisterschaften auch den Beginn der nationalen Olympia-Qualifikation ein. Bei diesem zweiten Schritt nach der Nationenqualifikation geht es bis voraussichtlich Mai 2020 ins Olympia-Jahr hinein darum, welches Team den Nationenplatz bei den Spielen tatsächlich besetzen darf. Der Ausscheidungs-Modus und die für den nationalen Wettbewerb ausgewählten Qualifikationsregatten sind ab Februar auf der DSV-Homepage (www.dsv.org) nachzulesen.
Bei dem Jahresmeeting des Weltseglerverbands World Sailing und seiner Mitgliedsverbände wurde beschlossen, dass 2024 das Finn Dinghy nicht mehr olympisch ist. 470er-Seglerinnen und -Segler werden im Mixed in nur noch einer gemeinsamen Disziplin antreten. Die Kite-Foiler bekommen einen neuen Mixed-Wettbewerb und auch das mit Spannung erwartete Offshore-Segeln auf Kielbooten für Mixed-Teams feiert olympische Premiere. Mit den radikalen Neuerungen stehen alle internationalen Verbände vor einschneidenden Veränderungen. „Sie stellen uns vor große Herausforderungen und wir werden im Fördersystem Anpassungen vornehmen müssen“, sagt Nadine Stegenwalner, „doch das künftige Programm setzt auch eine neue Dynamik frei. Wir sind gespannt.“