Alexander Schlonski hat im November 2016 Thomas Piesker als Bundestrainer der Laser-Senioren abgelöst. Der Rostocker, der in seiner aktiven Zeit noch gegen Philipp Buhl segelte, hat diese Saison viel vor.
Wie sein erstes eigenes Boot hieß? Daran kann sich Alexander Schlonski nicht mehr erinnern. Dafür hat er seit dem Jahr 1988, als er das erste Mal in einen Opti stieg, einfach zu viele Tage auf dem Wasser verbracht. 14 Jahre lang trainierte der Rostocker jede freie Minute im Laser, immer das Ziel Olympia vor Augen.
2008 schien der Traum des Sportstudenten in greifbarer Nähe zu sein. Bei der Laser-Weltmeisterschaft erreichte Schlonski den sechsten Platz. Damit hatte er zwar nicht umfassend alle Kriterien des Deutschen Olympischen Sportbundes erfüllt, aber bewiesen, dass er Topplatzierungen ersegeln konnte. Dennoch – Schlonski wurde nicht für die Olympischen Spiele in Peking nominiert. Vier Jahre später, im Starboot, verloren Schlonski und sein Vorschoter Matthias Bohn die Olympia-Ausscheidung gegen Robert Stanjek und Fritjof Kleen. „Damit kann ich leben, das ist Part of the Game“, sagt Alexander Schlonski. „Aber dass in Peking kein deutscher Lasersegler am Start war, das kann ich nicht verstehen. Immer noch nicht.“
Trotz der tief sitzenden Enttäuschung sagte Schlonski nach kurzer Überlegung zu, als der DSV nach den Olympischen Spielen in Rio 2016 mit dem Angebot an ihn herantrat, die Laser Standard-Senioren zu trainieren. Überzeugt haben ihn das verjüngte Team um Sportdirektorin Nadine Stegenwalner, dem es „um Sport und nicht um Politik geht“, und der gute Draht zu den Sportlern.
„Gerade im Hochleistungsegeln sind die Sportler echte Persönlichkeiten und Individualisten“, berichtet Alexander Schlonski; „da muss man sich erst einmal kennenlernen.“ Die Chemie stimmte: Seit November arbeitet Alexander Schlonski mit dem 27-jährigen Philipp Buhl (SCAI), dem 20-jährigen Nik Aron Willim (NRV) und dem 23-jährigen Theodor Bauer (RSV). „Mit Philipp habe ich einen schon sehr kompletten und sehr guten Sportler übernommen“, sagt Schlonski über den Allgäuer, gegen den er selbst am Ende seiner aktiven Karriere noch segelte. „Mit Theo und Nik habe ich zwei junge Segler im Team, die schnellstmöglich an das Niveau von Philipp herangeführt werden müssen“, beschreibt er die Roadmap der Trainingsgruppe. „Ziel Nummer zwei: Philipp unterstützen, damit er weiterhin Spitzenleistungen erbringen und eventuell noch etwas obendrauf setzen kann.“
Intensive Trainingstage
Schlonski, dessen Lebensmittelpunkt die Hansestadt Rostock ist, begleitet seine Segler auf Trainingscamps und Regatten. Da kommen, Regatten eingerechnet, 130 Wassertage im Jahr 2017 zusammen. Das Heimtraining am Bundesstützpunkt Kiel wird, sofern Alexander Schlonski nicht vor Ort ist, von Oliver Freiheit abgedeckt, dem Trainer der Laser-Junioren. Durch die enge Zusammenarbeit der beiden Trainer profitiert auch der Laser-Nachwuchs von der Erfahrung der Top-Segler.
Die gemeinsame Zeit nutzen Schlonski, Buhl, Willim und Bauer intensiv. So beginnt ein typischer Trainingstag um 8 Uhr morgens mit dem gemeinsamen Frühstück. Nach einer Vorbesprechung geht es um 10 Uhr aufs Wasser. 12:30 Mittagspause, 13:30 Besprechung, 14:30 zweite Trainingseinheit, 17 Uhr an Land, eine Sporteinheit, um 19 Uhr Abendbrot – der Tag ist eng getaktet. Nach dem Abendessen werden beide Trainingseinheiten nachbesprochen, danach sind Trainer und Sportler gleichermaßen reif für die Koje.
Gute Leistungen weiter ausbauen
Alexander Schlonski begreift sich nicht als Trainer, der seinen Jungs alles abnimmt, damit sie sich nur aufs Segeln konzentrieren können. Im Gegenteil: Selbständigkeit sei das A und O für den Erfolg im Sport. „Wobei der Weg dorthin eine Gratwanderung ist“, wie der Lasertrainer zugibt. „Ich sehe meine Aufgabe darin, den Sportlern möglichst alles Handwerkszeug an die Hand zu geben, um selbständig zu handeln und Entscheidungen zu treffen. Das fängt an bei Organisation und geht bis hin zum Bootsbau. Das wichtigste ist, dass die Sportler auf dem Wasser selbständig sind!“ Als Trainer hält Schlonski nichts davon, den Seglern vor dem Rennen alle wichtigen strategischen Aspekte zu soufflieren. „In einer Wettfahrt kann sich vieles verändern – der Segler muss in der Lage sein, das alleine zu erkennen und zu handeln.“
Doch die Erziehung zur Selbständigkeit hat auch Grenzen, so Alexander Schlonski: „Wenn wir ein Trainingslager haben, dann muss ich viele Abläufe allein aus Effizienzgründen vorgeben. Zumal sich ohne konsequentes Eingreifen auch schnell technische Fehler einschleichen können.“ Die Kunst liege darin, einen Kompromiss zu finden aus Abläufen, die der Trainer den Sportlern vorgibt und Erkenntnissen, die sich die Sportler selbst erarbeiten.
Mit dem Ergebnis seiner Trainingsgruppe in der laufenden Saison zeigt sich Alexander Schlonski grundsätzlich zufrieden. „Philipp nutzt das nacholympische Jahr, um einige neue Strategien und Konfigurationen auszuprobieren und Erfahrung zu sammeln.“ So wurde Buhl beim Weltcup-Finale in Santander von David Howlett begleitet, dem ehemaligen Head Coach der Nationalmannschaft. „Neue Sichtweisen sind wichtig, um einen erfolgreichen Weg zu den Spielen in Tokio 2020 zu finden“, sagt Schlonski. „2017 hat Philipp bei allen internationalen Regatten das Medal Race erreicht und mit guten Aktionen sein seglerisches Potenzial gezeigt. Mit der Silbermedaille in Santander hat er zudem demonstriert, dass er im Prinzip jede internationale Regatta gewinnen kann.“ Theo Bauer und Nik Willim seien auf einem guten Weg, so Alexander Schlonski. „Besonders gefreut hat mich beim Saisonauftakt in Palma, dass Theo und Nik umgesetzt haben, was wir im Training in den Monaten davor erarbeitet haben.“ Nun gelte es, in diese guten Ansätze noch mehr Konstanz zu bringen.
Saisonhöhepunkt 2017 ist die Laser-Weltmeisterschaft vom 12. bis 19. September im kroatischen Split. Bis dahin steht diszipliniertes Wasser- und Athletiktraining auf dem Plan. „Geplant ist unter anderem ein Kooperationstraining mit dem norwegischen Team vor Warnemünde“, berichtet Alexander Schlonski. Und auch der Trainer ruht nicht: Um das Trainingskonzept auf dem letzten Stand zu halten, wälzt Schlonski sportwissenschaftliche Studien, macht Fortbildung und tauscht sich mit Trainern von Verbands- bis internationaler Ebene aus. Als Lehrwart für Trainerausbildung in Mecklenburg-Vorpommern leitet er zudem selber Lehrgänge. Im DSV engagiert sich der Rostocker im Lehr-Team des Deutschen Segler-Verbandes.
Viel Zeit, selber zu segeln, bleibt da nicht. Manchmal würde es ihn schon in den Fingern jucken, ein Boot aufzuladen und bei einer Regatta an den Start zu gehen, gibt Schlonski zu; doch seine knappe Freizeit widmet er seiner Frau und der vierjährigen Tochter. „Immerhin haben wir mit der Familie schon einen Urlaubstörn gemacht!“ Würde er sich freuen, wenn die Tochter in die Fußstapfen des Vaters tritt? „Natürlich! Segeln ist ein fantastischer und überaus vielseitiger Sport. Meine Tochter soll daher später auf jeden Fall die Möglichkeit haben zu segeln. Sie muss es aber nicht wettkampfmäßig betreiben und kann auch gern eine andere Sportart intensiver ausüben.“ Auf keinen Fall werde er sein Kind zu irgendetwas zwingen, sagt Alexander Schlonski; „das habe ich als Trainer schon oft genug gesehen – geht immer schief!“ Frei zu entscheiden ist eben nicht nur für Segelprofis der Schlüssel zum Erfolg.