Philipp Buhl hat dem German Sailing Team einen enormen Schub gegeben: Der 30 Jahre alte Steuermann aus Sonthofen hat vor Melbourne die Laser Weltmeisterschaft 2020 gewonnen. Mit dieser Leistung hat er ein knappes halbes Jahr vor Beginn der olympischen Regatta im Revier von Enoshima alle Bedingungen zur Nominierung durch den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) erfüllt.
Der Erfolg kommt im Olympiajahr zur rechten Zeit und lässt Buhl mit viel Selbstbewusstsein auf die Zielgerade nach Enoshima einbiegen. „Mit diesem Titel habe ich eines meiner beiden großen Ziele erreicht“, sagte Buhl im Sandringham Yacht Club kurz vor der Siegerehrung. Der für den Norddeutschen Regatta Verein startende Top-Athlet der deutschen Segelnationalmannschaft hat bei diesen Welttitelkämpfen nicht nur mit dem Sieg, sondern auch der Art und Weise beeindruckt, wie er ihn holte: fokussiert, entschlossen und souverän. Das WM-Gold war Buhl sogar schon ein Rennen vor Ende der Serie sicher. Dennoch trat der 1,87 Meter große Jollen-Einhandsegler zur zwölften und letzten Wettfahrt noch einmal an. Seine Serie mit den Rängen (4)/1/1/1/1/2/2/3/5/6/(10)/4 zeigt eindrucksvoll, wie gut der Allgäuer agierte: Wer bei einer Weltmeisterschaft mit 124 Booten aus 44 Nationen auf diesem Niveau einen vierten und einen zehnten Rang streichen darf, der hat herausragend gesegelt. „Ich habe nun eines meiner beiden großen Ziele erreicht und bin heute einfach sehr glücklich“, sagte Buhl, der das WM-Gold mit seinem Trainer Alex Schlonski und seinem jungen Sparring-Partner Nik Aaron Willim feierte.
DSV-Vizepräsident Torsten Haverland, im Verband für den Leistungssport verantwortlich und selbst einst in einer olympischen Bootsklasse erfolgreich, gratulierte Philipp Buhl herzlich zum Triumph: „Das war eine herausragende Vorstellung von Philipp, zu der wir ihn sehr beglückwünschen. Wer weiß, wieviel harte Arbeit, Hingabe und Engagement hinter einem solchen WM-Sieg stehen, der kann vor dieser Leistung nur den Hut ziehen. Sie zeigt auch, wie konsequent er mit Bundestrainer Alex Schlonski und seiner Trainingsgruppe gearbeitet hat. Und er zeigt, dass deutsche Segler sehr wohl siegen können und nicht nur die anderen ganz oben auf dem Podest stehen. Auf Kurs Olympia ist das für uns ein wichtiges Signal.“
Philipp Buhl hatte sich mit Bundestrainer Schlonski, Sparringspartner Willim und internationalen Trainingspartnern wie dem Schweden Jesper Stalheim und dem Norweger Hermann Tomasgaard im vergangenen November bei einem intensiven Trainingslager im WM-Revier und noch einmal in den Wochen vor dem WM-Start auf die Titelkämpfe in der australischen Phillip-Bucht vorbereitet. Nach einer von einigen Rückschlägen begleiteten Saison 2019 hatte der im Segelclub Alpsee-Immenstadt großgewordene Laser-Steuermann zudem eine persönliche Kurskorrektur vorgenommen. „Ich wollte bewusst einer möglichen Verkrampfung entgegenwirken, nicht mehr ganz so schematisch arbeiten, sondern große Serien wie diese Weltmeisterschaft etwas lockerer angehen. Es ist natürlich leichter gesagt als getan, mehr Leichtigkeit ins Spiel zu bringen, aber mir hier in Melbourne gut gelungen. Auch darüber bin ich sehr glücklich.“ Mit Philipp Buhl hat zum ersten Mal ein deutscher Steuermann einen WM-Titel in der Laserklasse gewonnen, die seit 1996 Teil des olympischen Programms ist.
Geholfen hatte Buhl auf dem Weg zum Titel auch sein starker Einstieg in die Serie: Mit vier Siegen in Folge hatte er nicht nur viel Selbstbewusstsein für den weiteren WM-Verlauf getankt, sondern auch der Konkurrenz eine harte Nuss zu knacken gegeben. DSV-Sportdirektorin Nadine Stegenwalner sagte: „Ich freue mich gerade nach der nicht ganz leichten Saison 2019 riesig für Philipp und das Team. Der WM-Titel ist ein sensationeller Erfolg und belohnt die ganze Arbeit, die dahintersteckt. Bemerkenswert ist, dass es nicht einmal ein knapper, sondern ein deutlicher Erfolg war. Zusammengenommen mit dem Bronze-Erfolg der 49er-Segler Erik Heil und Thomas Plößel, den sehr guten Ergebnissen der FX-Seglerinnen und der guten Leistung der Nacra-17-Segler am Vortag bedeutet das für uns als German Sailing Team, dass wir auf dem richtigen Kurs sind. Wir werden jetzt in unseren Anstrengungen kein Müh nachgeben und noch mehr Gas geben. Wir arbeiten weiter hart. Angetrieben von dem Wissen, dass wir ganz oben auf den Podesten stehen können.“
Bundestrainer Alex Schlonski beschrieb die Leistungen seines Schützlings als „unglaublich gut“ und sagte: „Philipp hat hier zu keiner Zeit seine Konzentration verloren und eine denkwürdige Regatta absolviert. Dafür hat er ein bisschen in seinem Perfektionsimus lockergelassen. Dass er die Serie schon ein Rennen vor Schluss im Sack hatte, war das i-Tüpfelchen dieser Leistung.“
DSV-Präsidentin Mona Küppers hat die Welttitelkämpfe in Australien verfolgt und mit ihren Athletinnen und Athleten der Segelnationalmannschaft bei den Weltmeisterschaften für 49er, 49erFX, Nacra 17 und Laser mitgefiebert. „Wir haben ein unvergessliches Wochenende erlebt, an dem viele tolle Erfolge und ein historischer WM-Titel gelungen sind. Das haben die Segler, ihre Trainer und das ganze German Sailing Team zusammen erreicht. Für mich waren es Gänsehaut-Erlebnisse. Ich gratuliere Philipp Buhl zu seinem Titel, der unser Team bei den Vorbereitungen auf die olympische Regatta in Enoshima beflügeln wird. Und ich freue mich für Erik Heil und Thomas Plößel, die mit WM-Bronze glänzen konnten. Ebenso für alle unsere Teams, die ihre persönlichen Ziele erreicht haben. Und wir wissen, dass auch einige, denen das nicht ganz gelungen ist, wieder aufstehen und die nächste Chance nutzen werden“, so Küppers. Vorgeschlagen zur Nominierung durch den DOSB werden die Olympia-Kandidaten nach Ende der nationalen Ausscheidungen durch den Deutschen Segler-Verband (DSV).
ERGEBNISSE
1. Philipp Buhl (Norddeutscher Regatta Verein), 26 Punkte
2. Matt Wearn (AUS), 38 Punkte
3. Tonci Stipanovic (CRO), 64 Punkte