Rio de Janeiro (10. August 2016). Noch sind Philipp Buhl und Toni Wilhelm auf der Suche nach der Erfolgswelle, die sie ihrem Medaillenziel endlich näher bringt. Die beiden deutschen Top-Athleten warteten auch am Dienstagabend trotz teilweise starker Leistungen auf den ersehnten Durchbruch. RS:X-Surfer Wilhelm liegt nach dem zweiten Tag der Olympia-Regatta in der Guanabara-Bucht auf Platz sieben. Philipp Buhl muss am Mittwoch als Siebzehnter angreifen, hält das aber für „keinen Weltuntergang“.
Erneut war Rios Olympia-Revier am Dienstag seinem Ruf als launische Diva gerecht geworden, hatte die weltbesten Athleten mit schweren Prüfungen in leichten und drehenden Winden gefordert. Das hatte sogar Brasiliens Segel-Darling, der fünfmalige olympische Medaillen-Gewinner Robert Scheidt, zu spüren bekommen, der mit einem 27. und einem 4. Rang in die Marina da Gloria zurückkehrte. Lächeln konnte er trotzdem noch: „Das ist hier Rio-Stil und der große Felsen namens Zuckerhut spielt dabei auch seine Rolle“, sagte der 43-jährige Ausnahmesegler, der bei seinem sechsten Olympia-Start seine sechste Medaille gewinnen will.
Wie Scheidt rang auch Philipp Buhl mit der vom Zuckerhut immer wieder verwirbelten Brise, war mit seinen Rängen 8 und 13 nicht zufrieden, stellte aber eine Besserung im Vergleich zum Vortag fest: „Es geht aufwärts, auch wenn mehr einstellige Ergebnisse natürlich noch besser wären.“ Beim Blick auf seinen 17. Platz nach vier Wettfahrten und die Abstände zur Spitzengruppe sagte der 26-Jährige vom Segelclub Alpsee-Immenstadt spontan: „Das ist doch nichts. Da geht noch vieles.“ Als die Wettervorhersage dann auch noch für Mittwoch frische Winde von 16 bis deutlich über 20 Knoten für die Laser-Bahn versprach, machte sich in Buhls Gesicht das Lächeln des Kämpfers breit: „Da habe ich richtig Bock drauf.“
Von DSV-Cheftrainer wurde Buhl in seiner positiven und kämpferischen Einstellung bestätigt: „Diese Olympia-Regatta wird eine ‚High-Scoring-Serie’. Es gewinnt, wer bis zum Ende am besten die Nerven behält und niemals aufgibt zu kämpfen.“ Howlett weiß aus Erfahrung, dass viele Segler gerade bei Olympischen Spielen nervös in die Regatta einsteigen, sich dann aber im Verlauf steigern können. „Das macht die Champions aus“, so der Brite, der vor dem Wechsel zur aufstrebenden deutschen Segel-Nationalmannschaft mit Sir Ben Ainslie Englands mit vier Goldmedaillen erfolgreichsten Segler der Sportgeschichte gecoacht hatte. Doppel-Olympiasieger Robert Scheidt bestätigte: „Am ersten Tag war die Nervosität in der Laserflotte deutlich zu spüren. Jetzt pegelt es sich langsam ein.“
Auch RS:X-Surfer Toni Wilhelm kämpft um den Anschluss an die Medaillen-Ränge. Der von einer heftigen
Erkältung geplagte 33-Jährige konnte seinen zweiten Wettfahrttag nach einigen Rückschlägen mit einem starken vierten Rang abschließen und liegt nach sechs Rennen auf Platz sieben. Selbstkritisch sagte der Top-Athlet vom Württembergischen Yacht-Club: „Ich habe heute einfach zu viele taktische Fehler gemacht.“ Zu sehr wollte er in die Spitzengruppe aufsteigen. So beispielsweise in Rennen fünf, in dem er hinter dem führenden Quintett die Verfolgergruppe angeführt hatte. „Statt meine gute Position zu verteidigen, habe ich die Führenden angegriffen und bin dabei auf Rang neun zurückgefallen. Darüber habe ich mich brutal geärgert.“ Wilhelm weiß, dass er sich nach dem zum Auskurieren willkommenen Ruhetag keine groben Schnitzer mehr erlauben darf, wenn er noch nach der vor vier Jahren so knapp verpassten Medaille greifen will. Der bei seinem dritten Olympiastart erfahrene Surfer weiß aber auch: „Es stehen noch sieben Wettfahrten auf dem Programm. Da geht noch ganz viel.“
Am dritten Tag der Olympiaregatta steigen neben dem erneut geforderten Philipp Buhl auch die deutschen 470er-Teams Ferdinand Gerz/Oliver Szymanski (Segler-Verein Wörthsee/Joersfelder Segel-Club) und Annika Bochmann/Marlene Steinherr (Verein Seglerhaus am Wannsee) in die Serie ein. Dazu fällt am Mittwoch für die neue Olympia-Disziplin Nacra 17 und die junge Mixed-Katamaran-Crew Paul Kohlhoff/Carolina Werner der erste Startschuss zur Olympia-Premiere. Die deutschen Skiff-Segler müssen sich noch bis Freitag gedulden, haben aber am Mittwoch trotzdem Grund für einen Glückwunsch: 49er-Steuermann Erik Heil feiert in Rio de Janeiro zwei Tage vor seinem ersten Einsatz seinen 27. Geburtstag. Was er sich am sehnlichsten wünscht, dürfte keine Frage sein.