Rio de Janeiro, 6. August 2016. Was für ein Abend in Rio de Janeiro: Die Gastgeber haben mit ihrer Eröffnungsfeier überrrascht und begeistert, die Historie ihres Landes und auch die Schatten- und die Sonnenseiten der Gegenwart mit Tanz, Schauspiel, Lichterzauber und Musik gezeigt. Im Mittelpunkt aber standen die Sportler und mitten unter ihnen die zwölf Seglerinnen und Segler des Sailing Team Germany. Gleich hinter dem Fahnenträger und Tischtennisspieler Timo Boll marschierten sie mit dem deutschen Olympiateam ins märchenhaft erleuchtete Maracana-Stadion ein und genossen das Erlebnis sichtlich.
„Am besten hat mir gefallen, dass wir noch im Tunnel zum Stadion kurz vor dem Einmarschieren mit allen deutschen Sportlern spontan die Nationalhymne gesungen haben“, erzählte 470er-Vorschoterin Marlene Steinherr aus Berlin von ihren ersten Eindrücken bei der Olympia-Premiere. „Als Deutschland dann aufgerufen wurde, war das ein echter Gänsehaut-Moment“, sagte Philipp Buhl, „der wurde nur noch vom Einmarsch der Brasilianer getoppt, bei dem das Stadion natürlich völlig ausgerastet ist.“ 49er-Vorschoter Thomas Plößel erzählte gerührt von einer Szene mit einem älteren Mann und einem kleinen Jungen, die zusammen Samba auf einer der Bühnen getanzt haben. Fairplayer des Abends war 49er-Trainer Thomas Rein, der sein Ticket zur Teilnahme am Einmarsch der Nationen – für das deutsche Betreuer-Team hatte es nur drei Karten gegeben – an den Stuttgarter Physiotherapeuten Johannes Nawrath weitergegeben und selbst verzichtet hatte.
DSV-Präsident Andreas Lochbrunner hatte die Eröffnungsfeier als Zuschauer im Stadion erlebt und das Team am Samstag im Olympiahafen Marina da Gloria besucht. „Es herrscht keine überzogene Euphorie, sondern eine sehr gute Stimmung in der Mannschaft. Das Team macht einen wirklich positiven und fokussierten Eindruck. Ich gehe mit einem sehr guten Gefühl in diese Spiele. Auch, weil jeder aus unserem Team in den vergangenen zwei Jahren mindesten ein Highlight hat abliefern können. Ich kann mich nicht erinnern, dass es vor den letzten Olympischen Spielen so war.“
Segler hatten bei der Eröffnungsfeier in Rio de Janeiro am Freitagabend insgesamt hoch im Kurs gestanden. 13 Fahnenträger ebenso vieler Nationalteams kamen aus dem Segelsport, darunter Olympiasieger wie die griechische Seglerin Sofia Bekatorou und auch der Zypriot Pavlos Kontides, der für sein Land die mit Silber 2012 die historisch erste Olympia-Medaille im Segelsport erkämpft hatte. Für Neuseeland trug der viermalige 49er-Weltmeister und America’s-Cup-Steuermann Peter Burling die Flagge ins Stadion. Den olympischen Eid der Sportler hatte bei der Eröffnungsfeier kein Geringerer als der zweimalige Olympiasieger und fünfmalige olympische Medaillengewinner Robert Scheidt gesprochen, der ab Montag zu den ärgsten Konkurrenten Philipp Buhls zählt.
Für Toni Wilhelm und Philipp Buhl rücken die ersten Wettfahrten näher. Der 33-jährige RS:X-Surfer aus Dogern und der 26-jährige Laser-Steuermann aus Sonthofen starten am 8. August in die olympische Regatta. Beide äußerten sich zufrieden mit ihrer Vorbereitung. Wilhelm sagte: „Ich habe mich noch nie so fit gefühlt wie zur Zeit und freue mich unheimlich auf die Regatta.“ Auch Philipp Buhl ist kampfbereit: „Mein Ziel ist es, hier eine Medaille zu gewinnen. Es gibt aber auf meiner Liste neun Kandidaten, die dafür in Frage kommen. Es wird zu 98 Prozent auf mich selber ankommen. Ein bisschen Glück gehört im Segeln aber natürlich auch dazu.“
Teamleiterin Nadine Stegenwalner blickt den ersten Startschüssen für die Segler nach intensiven Vorbereitungswochen in Rio de Janeiro gespannt entgegen: „Die Segel-Nationalmannschaft hat alles in ihrer Macht stehende getan um sich optimal auf Olympia vorzubereiten. Das gilt für die Sportler, die Trainer und die Betreuer. Wir freuen uns alle sehr, dass es am Montag endlich losgeht.“