Ehrgeizig, fair und wenig zurückhaltend darin, die Latte für sich immer noch ein wenig höher zu legen: Laser-Steuermann Philipp Buhl hat schon oft bewiesen, dass er bei großen Titelkämpfen Medaillen gewinnen kann.
Bei WMs segelte der im Segelclub Alpsee-Immenstadt groß gewordene Allgäuer bereits dreimal aufs Podium, holte 2015 Silber, 2014 und 2018 Bronze. Nach knapp verlorener nationaler Qualifikation vor den Olympischen Spielen 2012 und glückloser Olympia-Premiere 2016, wo er seine grenzenlose Enttäuschung über Platz 14 in den Himmel über Rio de Janeiro schrie, peilt der 1,87 Meter große Top-Segler nun seinen zweiten Olympia-Start an. Die Vorzeichen sind gut: Den Antreiber im German Sailing Team erwarten japanische Allround-Gewässer. Buhls Ausblick: „Im Revier vor Enoshima ist es heiß und es herrscht teilweise großer Schwell. Das ist für den Laser richtig cool! Es ist windtechnisch anspruchsvoll. Auch die Wellen sind anspruchsvoll. Das mag ich!“
Zu Buhls Vorbildern zählt der norwegische Skirennfahrer Aksel Lund Svindal. Weniger, weil Buhl selbst auf nationalen Niveau Skirennen bestritt, bevor er sich für das Segeln als Leistungssport entschied, sondern „weil Svindal über viele Jahre sehr erfolgreich war, dabei aber seine sympathische und bodenständige Art nie verloren hat“.
Buhl segelte schon mit seinem Vater auf dessen Flying Dutchman, als er noch Windeln trug, stieg als Sechsjähriger in den Optimisten ein. Sein Handwerk lernte er zunächst vom Papa, der ihn auch später noch als Individual-Coach betreute. Viel gelernt habe er von seinem langjährigen Coach Thomas Piesker und den Teamkameraden Simon Grotelüschen und Malte Kamrath. Das Trio trug einst den Spitznamen „Die drei Musketiere“: Die drei deutschen Laser-Asse trieben sich gegenseitig auf dem Weg zur Weltspitze an.
Seinen Segelsport liebt Buhl, weil „die Komplexität, die Vielseitigkeit und die Nähe zur Natur einzigartig sind“. Und: „Es gibt in keiner anderen Bootsklasse einen so starken und erbarmungslosen Wettbewerb in der Weltspitze. Daher sind die Erfolge im Laser auch so erfüllend.“ Buhl macht keinen Hehl daraus, was er von sich bei den Olympischen Spielen erwartet: „Ich will eine Medaille gewinnen.“ Er ist inzwischen ein guter Allrounder, weiß: „Ich kann bei Flaute oder Hack Wettfahrten gewinnen.“ Entspannung findet der humorvolle Athlet „beim Motte-Segeln mit Max Lutz“. Vor Wettkämpfen kann ihn beispielsweise der Song „Legendary“ der Welshley Arms, der auch sein sehenswertes Video „Burning for Tokyo 2020“ untermalt, in Stimmung bringen.
Interessante mentale und physische Tipps hat Buhl in der Biographie des Triathleten Jan Frodeno gefunden. Buhls Motto: „Du kannst nahezu alles erreichen, was du wirklich willst. Du musst es nur auch wirklich wollen.“ Über seine olympischen Ziele hinaus reizt Buhl, der im Olympia-Sommer 30 Jahre alt sein wird, ein Engagement im America’s Cup. Doch mindestens bis zum Showdown vor Enoshima hat Olympia Vorrang: „Olympische Spiele bedeuten mir alles – allerdings nur in meiner Rolle als Leistungssportler. Der Sport hat mir so viel gegeben und so viel aus mir gemacht, dass ich es mit jedem Jahr mehr schätze als zuvor.“
Buhls Medaillentipp für die Segelnationalmannschaft bei der olympischen Regatta 2020: mindestens eine.
Steckbrief: Philipp Buhl
Bootsklasse: Laser Standard
Geboren: 19. Dezember 1989
Geburtsort: Immenstadt
Wohnort: Kiel
Verein: Segelclub Alpsee-Immenstadt
Trainer: Alexander Schlonski
Segelt Laser seit: 2001 (Laser Radial), 2006 (Laser Standard)
Größe: 1,87 Meter
Gewicht: keine Angabe (Buhl sagt: „Ist geheim“)
Beruf: Sportsoldat
Sponsoren: BBS Automation, MPC Marine, Allgeier