Die Bucht von Marseille ist die Bühne für den Segelsport

Es war Marseille, wo die olympische Flamme in Frankreich am 8. Mai zuerst per Schiff ankam und ihre Reise durchs europäische Gastgeberland der Spiele der XXXIII. Olympiade begann. Frankreichs wichtigste Hafenstadt am Mittelmeer ist Gastgeberin der Segelwettbewerbe von Paris 2024. Marseille ist die Hauptstadt des Départments Bouches-du-Rhône und der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur. Das Herz der Stadt mit ihren knapp 900.000 Einwohnern bildet der alte Hafen Vieux-Port. Heimat der Olympiasegler, Windsurfer und Kiter aber ist der etwas südlich vom Zentrum gelegene Yachthafen Roucas Blanc.

Mit natürlicher Ausrichtung aufs Meer, bietet die Bucht von Marseille eine ebenso bildschöne wie vielseitige olympische Segelbühne. Ihre Geschichte war immer eng mit dem Meer und Segeln verbunden: Einst von griechischen Seefahrern gegründet, die auf dem Seeweg kamen, um hier einen Vorposten aufzubauen und den Handel mit anderen Mittelmeerregionen aufzunehmen, blühte Marseille schon im Mittelalter immer weiter auf. Schon damals waren die Menschen aus Marseille bekannt für ihre navigatorischen Fähigkeiten. Heute ist Marseille ein mediterranes Segelzentrum Frankreichs und regelmäßig Gastgeberin großer Regatta-Events wie 2004 bei einer Vorregatta zum America’s Cup, dem SailGP-Finale 2019 und dem olympischen Testevent 2023.

Der Hafen von Roucas-Blanc: Olympia-Heimat des Segelsports

Seit fast 30 Jahren beherbergt Marseille ein dem Segelsport gewidmetes „Olympisches Leistungssportzentrum“. Ende der 1970er Jahre wurde das Stade Nautique du Rocas Blanc im Zuge der Gründung des Prado-Küstenparks errichtet. Hier werden Athleten, Teams und Nachwuchshoffnungen trainiert und gefördert. Der Hafen von Roucas-Blanc ist das Zentrum der olympischen Regatta an der Bucht von Marseille. Hier erwarten die 330 Teilnehmer und 250 Boote und Boards in zehn olympischen Segelwettbewerben (ILCA 6, ILCA 7, 470er-Mixed, 49er, 49erFX, Nacra 17, Formula Kite Frauen und Männer sowie iQFOiL-Windsurfen für Frauen und Männer) rund 7000 Quadratmeter an Gebäudekomplexen und umgestaltete Außenflächen von etwa 17.000 Quadratmetern.

Die Olympioniken vom German Sailing Team dürfen hier als eine von nur drei Nationen, die ihr Land in allen zehn Disziplinen für die olympische Regatta qualifizieren konnten, mit maximaler Unterstützung durch den Deutschen Segler-Verband und Team D rechnen: Im Olympia-Hafen bilden zwei zielgerichtet ausgebaute Container ihre Basis: der Team-Container mit Meeting-, Ruhe-, und Physiobereich sowie der Werkstatt- und Office-Container sind klimatisiert. Bei Bedarf erwarten die Athleten im heißen Mittelmeerklima auch Eisbäder.

Die Bucht von Marseille: naturschön, vielseitig und fordernd

Während der Olympiahafen den gastgebenden Veranstaltern und ihren Regattateams, den Aktiven und Betreuern, den internationalen Berichterstattern und wenigen Besuchern vorbehalten ist, bietet Marseilles berühmte, rund fünf Kilometer lange Uferstraße La Corniche viele schöne Aussichtspunkte, um die olympischen Wettfahrten von Land aus zu beobachten. Neben dem olympischen Segelsport werden in Marseille auch einige der Fußballspiele im Stade Velodrome ausgetragen.

In der rund 660 Kilometer von Paris entfernt liegenden Mittelmeer-Stadt und der Bucht von Marseille sind die segelnden, windsurfenden und kitenden Medaillenjäger vom 28. Juli bis zum 8. August gefordert. Sie erwartet eines der vielseitigsten und auch optisch attraktivsten Mittelmeer-Reviere. Die Kulisse bilden imposante Bergketten. Eine weitere Besonderheit ist die berühmten Felseninsel Île d’If mit dem ehemaligen Gefängnis Chateau d’If, die etwa eine Seemeile entfernt vor Marseilles Küste liegt. Als Segelrevier serviert die Bucht die unterschiedlichsten Segelbedingungen.

Die Segelbedingungen vor Marseille: ein Revier für Allrounder

Die einzigartigen geografischen Gegebenheiten in Kombination mit dem heißen Mittelmeerklima und trockenen Sahara-Winden machen die Bucht zu einem anspruchsvollen Segelrevier. Waren die oft auflandigen Winde bei der olympischen Regatta im japanischen Revier von Enoshima noch recht berechenbar, so ist in der eher kleinen und von hohem Land umgebenen Bucht von Marseille mit allem zu rechnen: von heißen und leichtwindigen Prüfungen bis hin zu kraftvollen Starkwinden. Erfahrene Seglerinnen und Segler gehen davon aus, dass hier vor allem maximal vielseitige Allrounder belohnt werden, die in den sich schnell verändernden Bedingungen ein gutes Erwartungsmanagement betreiben und sich flexibel anpassen können.

Mit Philipp Buhl (Segelclub Alpsee-Immenstadt/Norddeutscher Regatta Verein) beschreibt auch einer der beiden olympisch erfahrensten Segler vom German Sailing Team das französischen Olympiareviers wie die Mehrheit der internationalen Spitzensegler: „Die Bucht von Marseille ist fordernd und spannend.“ 2018 hat der Allgäuer hier mit einem Weltcup-Sieg gezeigt, dass er sie meistern kann. Der ebenfalls dreimalige Olympiateilnehmer Paul Kohlhoff (Kieler Yacht-Club) sagt: „Die Bucht von Marseille ist mit der Topographie drumherum, den Bergen und der Insel ein komplexes Revier. Uns gefällt diese Vielseitigkeit. Wind und Welle gibt es aus allen Richtungen und in jeder Form, Richtung und Stärke. Strom gibt es auch, aber der ist nicht so dominant.“

Vier Kurse für zehn Disziplinen und 330 Aktive

Wie schon bei der olympischen Testregatta 2023, wird den Athletinnen und Athleten täglich einer der vier olympischen Kurse für ihre Wettkämpfe zugewiesen. Die Kurse, die sogenannten „Fields of Play“, heißen „Marseille“, „Corniche“, „Calanques“ und „Frioul“. Während „Marseille“ und „Corniche“ besonders landnah liegen, finden sich die anderen beiden Kurse weiter draußen auf See. Auf dem Kurs-Quartett werden 30 olympische Medaillen in zehn Segeldisziplinen vergeben. Gleich fünf neue Disziplinen bedeuten eine 50-prozentige Veränderung des olympischen Segelprogramms im Vergleich zur Olympia-Regatta in Japan. Premiere feiern die gemischten Duos im 470er-Mixed sowie Formula-Kiter (Männer und Frauen) und iQFoil-Windsurfer (Männer und Frauen).