Die Senkrechtstarterin: IQFOiL-Windsurferin THERESA STEINLEIN

Am Sonntag beginnen die olympischen Segelwettbewerbe in Marseille und das German Sailing Team geht in allen 10 Disziplinen mit einer beeindruckenden Mannschaft an den Start.
Um die Wartezeit etwas zu verkürzen, stellen wir hier jeden Tag zwei Athlet*innen bzw. Teams vor – in der Reihenfolge, in der sie auch in Marseille an den Start gehen.

Die Senkrechtstarterin: IQFOiL-Windsurferin THERESA STEINLEI

Erst klassische Segelkarriere, dann Senkrechtstarterin im olympischen iQFOiL: Theresa „Resi“ Steinlein vom Norddeutschen Regatta Verein nimmt als Windsurferin Kurs auf ihre Olympia-Premiere. Die 22-jährige vom Wörthsee ist die jüngste Athletin im Segelaufgebot von „Team D“. Die Ambitionen der Sportsoldatin bremst diese Tatsache in keiner Weise. Sie hat binnen vier Jahren als Neueinsteigerin im iQFOiL bewiesen, dass sie Weltklasseleistungen abliefern kann.

Im Juni 2020 hat die gelernte Seglerin Theresa „Resi“ Steinlein mit dem Material ihrer Zwillingsschwester Sophie erstmals auf einem iQFOiL-Board gestanden – und verliebte sich auf Anhieb in die olympische Windsurfdisziplin. Vier Jahre später nimmt sie jetzt als Deutschlands Nummer eins Kurs auf die Olympischen Spiele. Im Feld von 24 Starterinnen peilt sie bei der olympischen Premiere der foilenden Windsurferinnen einen Platz in den Finalrunden an. Und mehr, wenn möglich. Die junge BWL-Studentin vom Wörthsee sagt: „Ich glaube daran, dass das Medaillenrennen der Top-Ten für mich erreichbar ist. Danach ist alles möglich. Ein bisschen Glück gehört in unserem Sport neben harter Arbeit und starken Leistungen natürlich auch dazu.“

Mit der Olympia-Qualifikation hat Theresa Steinlein bereits einen herausragenden Meilenstein erreicht. Sie sagt: „Ich bin vor vier Jahren ins iQFOiL-Windsurfen eingestiegen, darf jetzt bei den Olympischen Spielen antreten. Ich habe es schon weit geschafft und kann nur dazugewinnen.“ Ihre Position bei der olympischen Regatta in der Bucht von Marseille empfindet Theresa Steinlein als gute Ausgangslage: „Ich bin so ein bisschen der Undercover-Rookie im Feld. Andere haben mehr Favoritenlast. Aber ich habe auch hohe Erwartungen an mich und meine Leistung.“

Dabei freut sich Theresa Steinlein auch auf das nur bei Olympia so kleine Feld von 24 Starterinnen. „Da sind die Abstände nicht so groß. Man muss schnell reagieren und auch mal jemanden austricksen können. Man muss sich schlau durchsurfen und die Nerven behalten. Und man muss Risikomanagement beherrschen“, erklärt sie. Herausforderungen dieser Art liegen ihr, kommen ihren Talenten im Kampf mit einigen bis zu zehn Kilogramm schwereren Athletinnen entgegen. Ein wenig erinnert die zierlich-zähe Theresa Steinlein an Amelie Lux, die zur Jahrtausendwende als „Surffloh“ berühmt wurde. Damals bot die Oldenburgerin Italiens Superstar Alessandra Sensini im olympischen Finale der Mistral-Surferinnen vor Sydneys berühmtem Opernhaus grandios Paroli und begeisterte als Olympia-Zweite.

Auch Theresa Steinlein ist mit 1,63 Metern und 62 Kilogramm ein Leichtgewicht unter den olympischen iQFOiL-Athletinnen. Die mangelnden Kilos gleicht sie mit rigorosem Kraft- und Kardio-Training aus. Auch beflügelt sie das über mehr als ein Jahrzehnt im Segelsport erworbene taktische Können. „Ich habe jahrelang 420er-Boote gesteuert und denke, dass ich auch deshalb ein gutes taktisches Gespür habe. Gerade auf Downwind-Kursen hilft das enorm. Da spielt das Gewicht keine große Rolle mehr, da ist mehr Technik gefragt, das liebe ich.“

Die Lust am Windsurfen auf Foils schöpft die Athletin vom Norddeutschen Regatta Verein auch aus ihrem Spaß an Speed. Großgeworden in einer Familie mit segelnden und surfenden Eltern und drei ebenfalls segelnden Schwestern, von denen die eine Minute jüngere Zwillingsschwester Sophie als 49er-FX-Steuerfrau im German Sailing Team, als Strategin im Germany SailGP Team und als Mitglied im ersten deutschen Women’s America’s-Cup-Team aktiv ist, sagt Theresa: „Du fliegst mit Top-Geschwindigkeiten von bis zu 50 Stundenkilometern übers Wasser. Das hat mir von Beginn an so viel Spaß gemacht, dass ich es einfach immer machen will.“

Dafür trainierte die in Starnberg geborene Sportsoldatin in den vergangenen Jahren auch von Torbole aus mit internationalen Akteuren intensiv auf dem Gardasee. Dass sie mit 22 Jahren die Jüngste im Segel-Aufgebot von „Team D“ ist, macht für die dynamische Sportlerin keinen Unterschied. „Ich werde aufgrund meiner Statur sowieso oft eher in den Bereich ‚klein‘ eingeordnet“, erklärt die junge Frau mit dem Zeug zu Großem lächelnd. Die bayerische Aufsteigerin, die zu Jahresbeginn den Nationenstartplatz für Deutschland in ihrer Disziplin sicherte und anschließend bei den iQFOiL Games in Cardiz nur haarscharf am Sieg vorbeisurfte, trainiert mit DSV-Trainer Daniel Slijk. Theresa Steinlein sagt: „Wir sind beides: sehr gute Freunde und ein sehr gut funktionierendes Trainer-Athleten-Team. Er kennt und versteht mich gut, will immer nur das Beste für mich. Das führt zu einer mega-professionellen Zusammenarbeit auf dem Wasser und an Land.“

Bei Theresa Steinlein ist der Traum vom olympischen Erfolg natürlich gewachsen, entstand erst im Laufe der letzten Jahre. „Ich habe nicht als Kind von Olympia geträumt und auch nicht deswegen mit dem Windsurfen begonnen, sondern weil mir der Sport unglaublich viel Spaß macht. Etwa ein Jahr nach meinem Einstieg habe ich erkannt, dass ich Potenzial habe“, sagt die ehrgeizige Sportlerin, die sich auch von der Leidenschaft ihres Lebensgefährten Nicolò Renna hat inspirieren lassen. Der iQFOiL-Weltmeister dieses Jahres tritt bei seinen ersten Olympischen Spielen für Italien an. „Ich fand das Foilen cool, wollte dabei sein, bin voll in die Surfszene eingestiegen“, reflektiert Theresa Steinlein diesen beflügelnden Aspekt ihres Aufstiegs.

Gut einen Monat vor Beginn der olympischen Regatta, in die iQFOiL-Windsurfer und -Windsurferinnen sowie die Skiff-Crews im 49er und 49er FX am 28. Juli als erste vier Disziplinen durchstarten, lag Theresa Steinlein im Juni vor der Kieler Woche auf Platz sieben der Weltrangliste. Tendenz zuletzt: steigend. Auf das Revier in Marseille freut sie sich: „Es gefällt mir. Ich glaube, dass es für mich ein guter Ort ist: eher tricky, mit eher leichten Winden, kein See, wo man die ganze Zeit auf eine Seite ballern muss. Du musst deinen Kopf benutzen und flexibel sein.“ Ihr Motto passt gut zu Olympia: „Keine halben Sachen machen!“

Theresa Steinlein

Geboren: 6. März 2002

Geburtsort: Starnberg

Wohnort: München

Verein: Norddeutscher Regatta Verein

Trainer: Daniel Slijk

Größe: 1,63 Meter

Beruf: Sportsoldatin und BWL-Studentin

Alle Fotos: DSV/Felix Diemer