Kurz vor Weihnachten hat sich die Berliner ILCA 6-Steuerfrau Julia Büsselberg bei der Weltmeisterschaft das schönste Geschenk selbst beschert: Im Oman ersegelte die erst 21 Jahre junge Athletin vom Verein Seglerhaus am Wannsee einen herausragenden fünften WM-Platz.
Mit nicht nur laut DSV-Sportdirektorin Nadine Stegenwalner „sensationeller Leistung“ katapultierte sich die Steuerfrau vom German Sailing Team in die Weltspitze der olympischen Einhand-Disziplin für Frauen. Ihre Stärke demonstrierte die Mathematik- und Informatik-Studentin am Finaltag noch einmal mit Rang zwei und einem Tagessieg zum Abschluss. Die geplante zwölfte und letzte Wettfahrt konnte bei ausgelaufenem Zeitlimit nicht mehr ausgetragen werden. In der Endabrechnung fehlte Büsselberg nur ein Punkt zu Platz vier, mit dem die dänische Olympiasiegerin Ann-Marie Rindom nach ihrem missglückten Finale zufrieden sein musste. Weltmeisterin wurde die Belgierin Emma Plasschaert vor Agata Barwinska (Polen) und Viktorija Andrulyte (Litauen).
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DSV-Sportdirektorin Nadine Stegenwalner: „Das muss man erst einmal machen“
Für Julia Büsselberg markiert WM-Platz fünf den größten Erfolg ihrer noch jungen Karriere. „Ich habe mich im WM-Revier im Oman schon im Training wohlgefühlt und hatte Vertrauen ins Material“, erzählte Büsselberg vor der Siegerehrung, „ich bin ohne große Erwartungen in den ersten WM-Tag gestartet, das scheint dann immer gut für mich zu laufen.“ Am Abend des ersten Tages hatte Büsselberg sogar die Führung im Feld der 63 Starterinnen aus 33 Nationen übernommen und war plötzlich in aller Munde. Ihrem Frühstart im vierten Rennen und zwei weiteren schwächeren Einzelergebnisse begegnete Büsselberg mit satten sechs Top-Vier-Ergebnissen in insgesamt elf Wettfahrten, darunter zwei Tagessiege. „Vor allem die Comebacks waren beeindruckend“, sagte Büsselbergs Coach Thomas Piesker. Ziel von Julia Büsselberg war es vor der WM, in den erweiterten Kreis der Weltelite hineinzufahren. Die Früchte ihrer harten Arbeit konnte sie nun noch deutlich eindrucksvoller einfahren.
Nadine Stegenwalner hat die Welttitelkämpfe in der olympischen Einhand-Disziplin intensiv mitverfolgt und gratulierte: „Ich freue mich riesig für Julia, das ist ein herausragend starkes Ergebnis, eine beeindruckende Leistung. Sie hat in mehr als 50 Prozent der Rennen Top-Fünf-Ergebnisse geholt. Das muss man erst einmal machen. Zusammen mit Hannah Anderssohn haben wir da jetzt junge Ilca-6-Seglerinnen mit viel Potenzial. Die Leistung von Julia Büsselberg war nach dem EM-Erfolg von Hannah Anderssohn ein weiterer vielversprechender Schritt auf dem Weg zu Erfolgen bei kommenden Europa- und Weltmeisterschaften sowie Olympischen Spielen.“
Julia Büsselberg: „Ich weiß jetzt, dass eine Medaille bei großen Regatten möglich ist“
Julia Büsselberg selbst sah es ähnlich, auch wenn sie sich selbst kurz nach dem letzten Rennen noch lächelnd als „etwas in Schockstarre“ nach dem herausragenden Ergebnis beschrieb. „Ich weiß jetzt, dass eine Medaille bei großen Regatten möglich ist, auch wenn ich sie am Ende fast etwas ärgerlich verpasst habe. Es war sicher nicht schlecht für mich, dass ich versucht habe, mit Svenja Weger und Hannah Anderssohn – jede auf ihrem Weg – den Anschluss an die Weltspitze herzustellen. Keine von uns Deutschen war in unserer Disziplin in den vergangenen Jahren konstant vorne dabei. Das ist ein zusätzlicher Anreiz.“ Auf die Frage, ob sich für sie mit diesem besten Ergebnis ihrer Karriere etwas verändert hat, sagte Julia Büsselberg: „Ja und nein. Ja, ich will unbedingt mal eine olympische oder eine WM-Medaille haben. Aber ich weiß noch nicht, wann ich mir die zum Ziel erklären sollte.“
Julia Büsselbergs Teamkameradin Hannah Anderssohn vom German Sailing Team konnte ihre Starkwindstärke im leichtwindigen Oman-Revier nicht ausspielen. Die Rostocker ILCA-6-Steuerfrau vom Warnemünder Segel-Club, die noch bei der Europameisterschaft im bulgarischen Varna mit Platz sechs geglänzt hatte, segelte im Oman auf Platz 36. „Ich beende die WM deshalb aber gar nicht so negativ, wie man vielleicht denken möchte. Ich konnte in der Zusammenarbeit mit DSV-Trainer Maurice Paardenkooper vieles umsetzen, woran wir gerade arbeiten. Ich habe in den vergangenen Jahren aufgrund von Verletzungen und den Auswirkungen der Corona-Pandemie nur eine Handvoll großer Regatten bestreiten können. Das Ziel fürs kommende ist klar: In Balance mit dem Training so viel Rennpraxis reinkriegen wie möglich.“