Laser-Weltmeister Philipp Buhl segelt nach Kraftakt mit einem Tagessieg ins olympische Finale 

Der sechste Tag der olympischen Regatta im japanischen Revier der Sagami-Bucht hat das German Sailing Team stark gefordert. „Es war ein besonders intensiver Tag. Die Gute daran: Er begann mit einem Tagessieg und endete mit einem Tagessieg“, zog DSV-Sportdirektorin Nadine Stegenwalner Bilanz.

In den leichten, unbeständigen Winden rangen die Segler der Nationalmannschaft in Japans Sagami-Bucht um die bestmöglichen Ausgangspositionen für die nahenden Finalläufe. Allen voran Weltmeister Philipp Buhl (Norddeutscher Regatta Verein/Segelclub Alpsee-Immenstadt) in seiner Laserflotte. Der Sonthofener Steuermann war als Siebter hoffnungsfroh in die letzten beiden Rennen der Hauptrunde gestartet. Der erste Durchgang misslang Deutschlands erfolgreichstem Lasersegler mit Rang 32 so gründlich, dass er sogar um den Einzug ins Medaillenfinale bangen musste.

„Ich wollte starten, durchziehen und es besser machen“

Philipp Buhl Matthew Wearn
Philipp Buhl gehörte zu den ersten, die Matthew Wearn zu seinem vorzeitig gewonnenen Olympia-Gold gratulierten. Sailing Energy / World Sailing

Vor dem vorentscheidenden zehnten Rennen rief Laser-Bundestrainer Alex Schlonski ihm dann zu: „Wenn du jetzt einen Zweiten fährst, bist du noch dabei.“ Philipp Buhl vertraute in Rennen zehn seinem Bauchgefühl, wählte wieder die tendenziell bevorzugte linke Seite, die ihm im ersten Durchgang vor allem aufgrund der widrigen, aber nicht erkennbarer Strömungsverhältnisse kein Glück gebracht hatte, und setzte die Coach-Worte ideal um. „Ich wollte starten, durchziehen und es besser machen“, sagte Buhl. Das gelang ihm auf dem ungeliebten küstennahen Kurs „Enoshima“ in herausragender Weise. Buhl gewann das zweite Rennen des Tages souverän, dominierte die gesamte Flotte und katapultierte sich vom zwischenzeitlichen elften Platz zurück auf Platz fünf.

Philipp Buhl Olympia
Der küstennahe Kurs Enoshima gab Philipp Buhl heute so manches Rätsel auf. Am Ende konnte er es lösen und sich ins Medaillenfinale segeln. Foto: Sailing Energy / World Sailing

Mit dem überragenden Sieg meldete sich Buhl auch zurück im Kampf um die Medaillen. „Man muss erst einmal einen Ersten nach einem 32. fahren“, zollte Nadine Stegenwalner dem Laser-Steuermann großen Respekt, „Es wird keine einfache Aufgabe für Philipp im Finale, aber sie ist auch nicht unlösbar. Philipp hat so oft gezeigt, dass er auch solche Herausforderungen meistern kann.“ Eine Vorentscheidung ist in der Einhandjolle Laser bereits gefallen: Matthew Wearn hat sich die Goldmedaille als dritter Australier in Folge mit einem 22-Punkte-Vorsprung bereits vorzeitig gesichert. Der Kampf um Silber und Bronze aber ist offen und wird am 1. August erneut auf Kurs „Enoshima“ für Hochspannung sorgen. Philipp Buhl hat sich für den Abschluss nach dem Laser-Ruhetag am Samstag einiges vorgenommen: „Ich werde volles Risiko gehen und angreifen.“ Trainer Schlonski weiß: „Philipp braucht ein sehr, sehr gutes Rennen und muss auf Fehler der anderen hoffen.“

Nett ist morgen vorbei

Heil Plößel Olympia
Erik Heil und Thomas Plößel fanden sich im leichten Wind gut zurecht, waren zufrieden mit ihrem Speed. Sailing Energy / World Sailing

Lasersegler Buhl hat den Tag so furios beendet, wie ihn Erik Heil und Thomas Plößel vom Norddeutschen Regatta Verein eröffnet hatten: mit einem Tagessieg. Das deutsche 49er-Team startete souverän in ihre drei Wettfahrten, musste aber anschließend mit den Rängen sieben und zwölf kleine Dämpfer hinnehmen. „Da haben wir in der einen oder anderen Situation zu nett agiert, aber das ist morgen vorbei“, sagte Erik Heil. Die für den Norddeutschen Regatta Verein startende Crew geht am Samstag von Platz fünf aus selbstbewusst in die letzten drei Rennen. „Unser Speed stimmt weiterhin, bei uns ist alles im grünen Bereich. Es wird ein spannendes Finale. Die Entscheidungen fallen wahrscheinlich erst im Medal Race“, sagte der Steuermann. Dazu gab Erik Heil das Ziel seiner Crew vor: „Wir müssen uns am Samstag früher die Kontrolle über die Gegner holen und halten.“

Lutz Beucke Olympia
„Es war ein Kampf um jeden Meter. Mir rann der Schweiß in Strömen über das Gesicht, meine Oberschenkel waren kurz vorm Platzen“, beschreibt Steuerfrau Tina Lutz drei Rennen in extrem leichten Winden. Foto: Sailing Energy / World Sailing

Ähnliches haben sich die 49erFX-Seglerinnen Tina Lutz und Susann Beucke (Chiemsee Yacht-Club/Norddeutscher Regatta Verein) für den Endspurt auf Kurs Medaillenrennen vorgenommen. Nach den Rängen elf und 13 katapultierte sich das bayerisch-norddeutsche am Freitag mit Rang drei auf Platz fünf im Zwischenklassement. Damit wahrten die Skiff-Seglerinnen ihre Medaillenchancen vor ihren drei letzten drei Rennen der Hauptrunde. Vorschoterin Susann Beucke berichtete von den Herausforderungen auf der Bahn „Kamakura“: „Der dritte Rang hat uns heute am Ende rausgerettet. Wir hatten den ganzen Tag extreme Anspannung und extremen Fokus darauf, gute Starts zu machen. Das haben wir auch in allen drei Wettfahrten gut geschafft. In den ersten beiden Rennen konnten wir das leider nicht ins Ziel bringen. Die Bedingungen waren unglaublich schwierig. Es war ein nervenaufreibender Tag für uns, weil wir so voll da, so im Tunnel waren. Der dritte Rang im letzten Rennen tat gut. Wir haben vieles heute richtig gemacht. Und so wollen wir morgen weitermachen.“

Wanser Winkel Olympia
Luise Wanser und Anastasiya Winkel liegen auf Gesamtplatz 14 im Zwischenklassement. Foto: Sailing Energy / World Sailing

Etwas enttäuscht kamen die 470er-Seglerinnen Luise Wanser und Anastasiya Winkel von ihrem Kurs „Zushi“. Das Duo vom Norddeutschen Regatta Verein kehrte mit den Rängen 16 und acht in den Olympiahafen von Enoshima zurück und liegt vor den verbleibenden vier Wettfahrten der Hauptrunde auf Platz 14. „Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal sagen würde, dass uns das Segeln in den leichten und unbeständigen Winden schwergefallen ist. Da fehlt uns vielleicht doch etwas Erfahrung“, sagte die 24-jährige Steuerfrau aus Hamburg.

Svenja Weger Olympia
Etwas weniger Ups and Downs hätte sich Svenja Weger für ihre Olympia-Premiere gewünscht. Den Sieg am ersten Renntag wird sie aber nicht vergessen – „die Bilder bleiben“. Foto: Sailing Energy / World Sailing

Laser-Radial-Steuerfrau Svenja Weger musste am Freitag als erste DSV-Starterin Abschied von den Olympischen Spielen nehmen. Als Gesamt-Sechzehnte konnte sich die Seglerin vom Potsdamer Yacht-Club, die als Spitzenreiterin so überragend in ihre Olympia-Premiere eingestiegen war, nicht für das Medaillenrennen der besten zehn Laser-Radial-Akteurinnen qualifizieren. Svenja Weger aber beendete ihren Einsatz aber versöhnt: „Heute hat es leider nicht gereicht. Es waren sehr komplizierte Bedingungen. Aber meinen Auftakt bei diesen Olympischen Spielen, den werde ich mein Leben lang nicht vergessen.“

Die nächsten olympischen Termine für das German Sailing Team:

31. Juli: In den RS:X-Surfflotten der Frauen und Männer werden die Medaillen ohne deutsche Beteiligung vergeben. Vom German Sailing Team sind die Kieler Paul Kohlhoff/Alica Stuhlemmer im Nacra 17 sowie die deutschen Skiffsegler Erik Heil/Thomas Plößel und Tina Lutz/Susann Beucke gefordert.

1. August: Im Laser und im Laser Radial werden in den Finals der jeweils besten zehn Starter die Medaillen vergeben. Philipp Buhl ist dabei und will als Fünfter angreifen. Gleichzeitig stehen weitere Wettfahrten für die 470er-Flotten und Nacra 17 auf dem Programm. 49er und 49erFX pausieren vor ihren Medaillenrennen am 2. August.

2. August: Die Medaillenrennen für 49er und 49erFX stehen auf dem Programm. Ob und mit welchen Chancen die deutschen Segler und Seglerinnen dabei sind, entscheidet sich in den letzten Rennen der Hauptrunde am 1. August. Gefordert sind an diesem Tag auch die 470er-Flotten der Damen und Herren.

Alle Ergebnisse finden Sie hier: https://tokyo2020.sailing.org/results-centre/