Tag 4 der olympischen Segelwettbewerbe: Medaillenchance für Bergmann/Wille, furioses Comeback für Kördel

Tag 4 der olympischen Segelwettbewerbe in der Bucht von Marseille © DSV/Sailing Energy

Die Olympia-Regatta vor Marseille brachte der Segelnationalmannschaft einen bewegten vierten Wettkampftag. Die Bilanz am Abend: Marla Bergmann und Hanna Wille treten morgen mit Medaillenchance im 49erFX an. Jakob Meggendorfer und Andreas Spranger müssen als Hauptrunden-Elfte im 49er sportlich von Olympia Abschied nehmen. Windsurferin Theresa Steinlein hat sich an einem harten Tag auf Platz sechs vorgearbeitet. Und Sebastian Kördel hat nach Tiefschlägen in Serie seine Trendwende mit den Rängen 2,1, und 1 eingeläutet. Der 33-jährige Radolfzeller holte die ersten beiden Rennsiege für die Segelnationalmannschaft.

Marla Bergmann und Hanna Wille vom Mühlenberger Segel-Club segeln in der Bucht von Marseille dem wichtigsten Gipfel ihrer Karriere entgegen. Die jungen Hamburger Seglerinnen haben bei ihrer Olympia-Premiere als Fünfte nach der Hauptrunde nicht nur souverän das Medaillenfinale erreicht. Sie ziehen mit zehn Punkten Rückstand auf den Bronzeplatz auch mit einer Medaillenchance in den Showdown der besten Skiff-Akteurinnen der Segelwelt ein.

Die jüngste Crew der 49erFX-Flotte startet morgen ins Finale der Top Ten. „Wir sind sprachlos! Das ist so viel mehr als wir jemals erwartet haben. Wir sind sehr, sehr stolz, dass wir so weit vorne unseren Platz gefunden haben“, sagte am Abend im Olympia-Hafen Marseille Hanna Wille. Am Morgen seien sie „schon ziemlich nervös“ gewesen. Ihre Maßnahme dagegen sei Singen. Hanna Wille sagte lachend: „Wir singen immer ‚A Million Dreams‘ von The Greatest Showman. Immer, wenn wir nervös wurden, haben wir das angefangen zu singen.“

Marla Bergmann und Hanna Wille gehen morgen als Fünfte ins Medal Race © DSV/Sailing Energy

Als Fünfte der Hauptrunde gehen die 22-jährige Steuerfrau Marla Bergmann und ihre 23-jährige Vorschoterin mit 84 Punkten und zehn Zählern Rückstand auf den Bronzeplatz ins doppelt gewertete Finale. Das GER-Duo müsste fünf Plätze auf die Norwegerinnen Helene Næss/Marie Rønningen gutmachen, um sie noch vom Podest zu verdrängen. Theoretisch sind sogar die 17 Punkte zu Gold noch aufholbar. Die seit ihrer Kindheit befreundeten Seglerinnen haben einen einfachen Plan für das Medaillenrennen. Hanna Wille sagte: «Gewinnen!»

Die 49er-Teamkameraden Jakob Meggendorfer und Andreas Spranger vom Bayerischen Yacht-Club dagegen verpassten den Einzug ins 49er-Medaillenrennen der Männer als Elfte, nachdem die chinesische 49er-Crew Wen/Liu von den letzten drei Rennen disqualifiziert wurde und deshalb von Platz 10 auf Platz 13 gerutscht ist. „Wir waren die ersten zwei Tage sehr gut im Flow. Die letzten zwei Tage jetzt nicht mehr so gut. Die Woche ist nicht so gut zu Ende gegangen wie sie angefangen hat. Das Potenzial war da, wir hatten viele Chancen, aber wir konnten sie nicht ganz nutzen“, zog Steuermann Jakob Meggendorfer direkt nach den Rennen eine erste Olympia-Bilanz. Er sagte aber auch: „Das Racen auf olympischem Niveau hat sehr viel Spaß gemacht.“ Das Team wird zunächst in Marseille bleiben. „Wir wollen morgen Marla und Hanna im Finale unterstützen“, sagte Andreas Spranger.

Jakob Meggendorfer und Andreas Spranger schlossen die Regatten mit einem elften Platz ab © DSV/Sailing Energy

Windsurferin Theresa Steinlein vom Wörthsee hat sich am vierten Tag der Olympia-Regatta auf Platz sechs katapultiert. Fünf Rennen bleiben der mit 22 Jahren jüngsten Olympia-Athletin vom Norddeutschen Regatta Verein am Donnerstag, um sich die bestmögliche Position fürs Finale am 2. August zu verschaffen. Zum historisch ersten Windsurf-Marathon bei Olympischen Spielen, der für die Frauen gestartet wurde, aber nach 90 Minuten mit dem Greifen des Zeitlimits in schwachen Winden abgebrochen werden musste, sagte Theresa Steinlein: „Wir standen erst zweimal hinter der Insel. Das war richtig frustrierend, weil Leute, die 20 Minuten hinter dir waren, plötzlich wieder ankamen und mit dir auf einer Linie standen. Aber eigentlich ist der Marathon eine ziemlich coole Idee. Wenn wir durchgefoilt wären, wäre das richtig gut geworden. Ich hatte eine richtig gute Platzierung. Deswegen war der Abbruch umso ärgerlicher. Aber ich habe versucht, es mit den Slaloms auszugleichen.“ Was der früheren Seglerin, die erst vor vier Jahren aufs Windsurf-Board umgestiegen ist, am Mittwochnachmittag im Aufstieg mit den Rängen 5, 5, 13 und 12 gut gelang.

iQFOiL-Windsurferin Theresa Steinlein liegt aktuell auf dem sechsten Platz © DSV/Sailing Energy

Für Hochspannung sorgte am Nachmittag und Abend in der Bucht von Marseille und auch in den Jury-Räumen im Olympia-Hafen Sebastian Kördel. Der Windsurf-Weltmeister von 2022 und Vizeweltmeister von 2023 war am Montag als Co-Favorit in seine Olympia-Premiere gestartet, hatte aber zunächst sieben schwache Rennen und teilweise hohe zweistellige Ergebnisse kassiert. Auch am Mittwoch sah es zunächst nach einer Fortsetzung der schwarzen Serie für den Top-Athleten vom NRV Olympic Team aus. Dann aber kam die Wende.

Sebastian Kördel lag im achten Rennen am Mittwoch auf dem Weg ins Ziel als Zweiter erstmals bei dieser Olympia-Regatta in aussichtsreicher Position, als es zur schmerzhaften Kollision mit dem Niederländer Luuc Van Opzeeland kam. „Er kam ein bisschen höher aus der Halse raus, ich war in Lee, aber noch vorne, er hatte mehr Höhe. Das heißt, er kam von hinten mit Speed auf mich runter. Dann habe ich ‚Raum‘ gebrüllt, um ihm zu zeigen, dass ich da bin, dass ich überlappend bin. Das hat ihn, glaube ich, irgendwie erschreckt. Da hat er angeluvt, hat den Frontflügel verloren, hat sich nach vorne rübergedreht und ich habe den Mast auf den Arm bekommen.“

Anschließend ließ Kördel es mit schmerzendem Arm zweimal in Folge krachen – es waren die ersten Rennsiege für das German Sailing Team bei dieser Olympia-Regatta. Nach diesem fulminanten Comeback rangierte der 1,91 Meter große Windsurfer zunächst auf Platz 17. In Folge der Kollision protestierten die beiden beteiligten Athleten gegeneinander: Kördel gegen Van Opzeeland. Und Van Opzeeland gegen Kördel. Die Jury gab dem deutschen Windsurfer recht. Was Sebastian Kördel im Klassement am späteren Mittwochabend noch bis auf Platz 13 vorrücken ließ. So wurde aus dem mit einer Frühstart-Disqualifikation begonnen Tag noch eine Gala für Kördel, der am Donnerstag voraussichtlich fünf Rennchancen erhält, um sieben Punkte zu Platz zehn aufzuholen und sich für die Finalrunden der neu-olympischen iQFOiL-Windsurfer zu qualifizieren.

Sebastian Kördel holte heute enorm auf und liegt aktuell auf Platz 13 © DSV/Sailing Energy

Das Erfolgsrezept von diesem bewegten vierten Regattatag will Kördel mitnehmen und die Rennen Schritt für Schritt angehen. „Ich habe mich heute einfach auf meine alten Sachen konzentriert, die ich gut kann: Am Pin starten und schnell sein. Ich hatte auch ein bisschen Glück, dass wir guten Wind hatten und ich nicht so viel pumpen musste. Endlich gab es mal normalen Wind, zehn bis 14 Knoten, nicht irgendwelche Löcher.“ Darauf hoffen alle deutschen Olympiaseglerinnen und -segler auch für Donnerstag, an dem erstmals Philipp Buhl (Ilca 7) und Julia Büsselberg (Ilca 6) in die Olympia-Regatta einsteigen.

Zu den Ergebnissen: https://paris2024.sailing.org/racing/results-centre/

Alle Rennen, die auf der TV-Bahn ausgetragen werden, sind online live im Stream zu sehen: am 28. Juli bei der ARD unter sportschau.de, am 29. Juli beim ZDF unter sportstudio.de, danach weiter in dieser Reihenfolge und im täglichen Wechsel.
Die ARD und das ZDF planen, alle Finals und möglichst alle Wettbewerbe und Auftritte der deutschen Athlet*innen im Livestream auf sportschau.de und in der ARD Mediathek zu zeigen.
Bei der ARD werden die olympischen Segelwettbewerbe werden von Peter Carstens und der Silbermedaillengewinnerin von Tokio Susann „Sanni“ Beucke kommentiert. Beim ZDF kommentieren Nils Kaben und Tobias Schadewaldt, Olympiateilnehmer 2012 in London.
Zum ARD Livestream:
https://www.sportschau.de/olympia/segeln-bei-olympia-2024-in-paris,paris-2024-segeln-uebersicht-100.html
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Alle Sendungen und Livestreams des ZDF zu den Olympischen Spielen:
https://www.zdf.de/sport/sport-im-zdf-livestream-live-100.html