Für Deutschlands 470er-Segler war es vor Palma de Mallorca ein Saisonauftakt nach Maß: Bei den Herren segelten Simon Diesch und Philipp Autenrieth im Weltklassefeld von 79 Startern beim Frühjahrs-Klassiker Trofeo Princesa Sofía auf Platz vier – punktgleich mit den drittplatzieren Japanern Tetsuya Sozaki und Akira Takayanagi. Es siegte der australische Olympiasieger Mathew Belcher mit Will Ryan vor den Türken Deniz Cinar und Ates Cinar.
Für den erst 23 Jahre alten Steuerman Simon Diesch vom Württembergischen Yacht-Club und seinen 27-jährigen Vorschoter Philipp Autenrieth vom Bayerischen Yacht-Club war es trotz des so knapp verpassten Sprungs auf das Podium eine überaus gelungene Woche. Das süddeutsche Duo, das in dieser Saison in Regie von DSV-Trainer Robert Remus trainiert, hatte die Serie mit einem Wettfahrtsieg eingeläutet und in neun Rennen bis zum Medaillenfinale sechs einstellige Ergebnisse eingefahren. Im Medaillenrennen waren der Sohn von Olympiasieger Eckart Diesch und sein vier Jahre älterer Vorschoter zwischenzeitlich sogar auf Silberkurs gesegelt, bevor sie der Verlust eines einzigen Ranges die Medaille kostete.
„Das war ein bisschen ärgerlich, aber insgesamt war es eine coole Woche“, sagte Simon Diesch lächelnd. Der jüngste Steuermann der Top Ten hatte vor zwei Jahren vor Palma die gemeinsame Olympiakampagne mit Philipp Autenrieth eingeläutet. „So langsam zahlt sich unsere harte Arbeit aus“, so Diesch, „wir können uns inzwischen unter den alten Hasen gut durchsetzen, haben uns technisch und physisch auf Augenhöhe gebracht. Dadurch haben wir an Stabilität, Zuversicht und Selbstvertrauen gewonnen.“ Der Aufwind kommt dem Team vier Monate vor der Weltmeisterschaft aller olympischer Segeldisziplinen in Aarhus gerade recht. In Dänemark wollen Diesch/Autenrieth mit einem Platz unter den Top-Acht-Nationen bereits den 470er-Nationenplatz für die Olympischen Spiele 2020 sichern. „Dafür haben wir uns gut positioniert, sind auf dem richtigen Weg“, so Diesch.
Diesch/Autenrieth im Video-Porträt
Wie für die 470er-Männer war es auch für die 470er-Seglerinnen des German Sailing Teams eine gelungene Woche. Mit Nadine Böhm und Ann-Christin Goliaß vom Deutschen Touring Yacht-Club als Achte und Frederike Loewe und Anna Markfort (Verein Seglerhaus am Wannsee/Joersfelder Segel Club) als Zehnte konnten sich gleich zwei Mannschaften von Bundestrainer Marek Chocian in den Top Ten platzieren.
„Wir sind insgesamt zufrieden, auch wenn es im Medaillenrennen nicht ganz so top gelaufen ist“, sagte Nadine Böhm. Die 27-jährige Steuerfrau hatte sich im vergangenen Jahr einer Bandscheiben-Operation unterziehen müssen und ist mit ihrer Vorschoterin noch nicht lange wieder im Einsatz. „Deswegen war das hier ein großer Schritt in die richtige Richtung“, zog Böhm Bilanz, „wir sind sehr zufrieden mit unserem Speed. Dass wir nach der langen Pause nun intensiv an Starts und Manövern arbeiten müssen, ist kaum verwunderlich. Klares Saisonziel ist die Nationenqualifikation für Olympia bei der WM in Aarhus.“
Böhm/Goliaß im Video-Porträt
Einige deutsche Top-Teams in Mallorca nicht am Start
Dass es zum Saisonauftakt vor Mallorca nicht noch mehr Anlass für Jubel gab, hatte gute Gründe: Von elf Mitgliedern des aktuellen Olympiakaders waren neun nicht am Start. Die Ursachen dafür waren vielfältig: Studiumsverpflichtungen, Verletzungen oder Trainingspläne hatten dazu geführt, dass die Mehrheit der deutschen Top-Segler erst später in die europäische Regattasaison einsteigen wird. Alle eint jedoch das Ziel: In Aarhus wollen sie Top-Leistungen abliefern und für den deutschen Segelsport die Nationenstartplätze für die Olympischen Spiele 2020 sichern.
„Vor diesem Hintergrund hat uns der Saisonstart in spanischen Gewässern eine Reihe wichtiger Erkenntnisse geliefert“, sagte DSV-Vize-Präsident Torsten Haverland, der die Aktiven vor Ort beobachtet hatte. „Bei den 470er-Seglern und Seglerinnen haben wir uns über die wirklich starken Leistungen gefreut. Einige weitere sehr gute Einzelplatzierungen haben wir auch gesehen. Für alle gilt, dass es eine wertvolle Standortbestimmung war. Die Hausaufgabenbücher sind voll. Die Trainer und die Crews wissen, woran sie zu arbeiten haben. Der Saisonhöhepunkt ist in diesem Jahr Aarhus – dann gilt es für das German Sailing Team!“
DSV-Sportdirektorin Nadine Stegenwalner sagte mit Blick auf die Leistungen der 470er-Männer: „Simon und Philipp hätten den Podiumsplatz verdient. Für uns war das eine medaillenreife Leistung, zu der wir gratulieren! Auch die 470er-Frauen konnten in einem anspruchsvollen Feld überzeugen. In anderen Klassen gibt es verletzungsbedingt noch einigen Nachholbedarf, aber wir wissen, dass die Teams und ihre Trainer hart arbeiten.“ Ein gutes Beispiel dafür ist der erst 21 Jahre junge Nik Aron Willim vom Norddeutschen Regatta Verein, der ein ganzes Jahr hatte pausieren müssen. Bei der Trofeo Princeas Sofía aber segelte der von Bundestrainer Alex Schonski betreute Steuermann im mit 183 Startern größten Feld der Regattawoche und in Abwesenheit von Philipp Buhl mit einem Tagessieg als bester deutscher Lasersegler auf Anhieb auf Platz 39.
„Das war in Anbetracht seiner Situation im vergangenen Jahr eine mehr als ordentliche Leistung“, lobte Aktivensprecher Philipp Buhl, der sich für die prominent besetzte Weltmeisterschaft der Mottenklasse vor Bermuda und zur eigenen Horizonterweiterung eine kurze Auszeit vom Lasersegeln genommen hatte, nun aber mit dem erklärten Ziel der dritten Olympia-Teilnahme 2020 wieder in die olympische Einheitsklasse zurückkehrt. Gefehlt haben vor Mallorca beispielsweise auch die beiden starken deutschen 49erFX-Frauenmannschaften Jurczok/Lorenz und Lutz/Beucke, deren Trainingsplan die Teilnahme am Spanien-Klassiker nicht beinhaltete. Aus der Not eine Tugend gemacht haben in Spanien 49er-Steuermann Justus Schmidt und Vorschoter Thomas Plößel: Weil ihre Partner Max Boehme und Rio-Bronzemedaillen-Gewinner Erik Heil noch im Studium gefordert waren, bestritten sie die Trofeo Princesa Sofía gemeinsam und beendete die Serie trotz bis weilen heiterer Abstimmungshürden als beste deutsche 49er-Crew auf Platz 17.
Saisonhöhepunkt im August
Alle Augen auf Aarhus: Vom 30. Juli bis zum 12. August finden vor Aarhus (Dänemark) die Sailing World Championships 2018 aller olympischen Bootsklassen statt. Die deutschen Starter zählen in mehreren Disziplinen zum erweiterten Favoritenkreis.
Hier geht es zum Qualifikationsmods für die DSV-Teams
Die Anzahl der für DSV-Teams bestätigten Startplätze bei der WM vor Aarhus:
49er: 5; 49er FX: 4; 470er M: 4; 470er W: 4; Nacra 17: 3; Laser Standard: 4; Laser Radial: 6; Finn-Dinghy: 5; RS:X Männer: 1; RS:X Frauen: 1; Kiteboarding Männer: 3; Kiteboarding Frauen: 1
Hinweis: Bei den Disziplinen Kiteboarding Männer und Frauen meldet der DSV die von der GKA e.V. vorgeschlagenen deutsche Sportlerinnen und Sportler.
Endergebnisse Trofeo Princess Sofia 2018
(Deutsche Starter bis Platz 20 ausgeführt)
470ER FRAUEN
1. Ai Kondo Yoshida/Miho Yoshida (JPN), 56 Punkte
2. Hannah Mills/Eilidh McIntyre (GBR), 58 Punkte
3. Linda Fahrni/Maja Siegenthaler (SUI), 59 Punkte
8. Nadine Boehm/Ann-Christin Goliass (Deutscher Touring Yacht-Club), 79 Punkte
10. Frederike Loewe/Anna Markfort (Verein Seglerhaus am Wannsee/Joersfelder Segel Club), 92 Punkte
17. Fabienne Oster/Anastasiya Winkel (Norddeutscher Regatta Verein), 106 Punkte
470ER MÄNNER
1. Mathew Belcher/William Ryan (AUS), 23 Punkte
2. Deniz Cinar/Ates Cinar (TUR), 62 Punkte
3. Tetsuya Sozaki/Akira Takayanagi (JPN), 66 Punkte
4. Simon Diesch/Philipp Autenrieth (Württembergischer Yacht-Club/Bayerischer Yacht-Club), 66 Punkte
49ER
1. Yago Lange/Klaus Lange (ARG), 93 Punkte
2. Dylan Fletcher-Scott/Stuart Bithell (GBR), 96 Punkte
3. Mathieu Frei/Noél Delpeche (FRA), 97 Punkte
17. Justus Schmidt/Thomas Plößel (Kiel/Berlin, KYC/NRV), 153 Punkte
49ER FX
1. Annemieke Bekkering/Annette Duetz (NED), 47 Punkte
2. Alexandra Malony/Molly Meech (NZL), 95 Punkte
3. Odile Van Aanholt/Marieke Jongens (NED), 97 Punkte
FINN DINGHY
1. Giles Scott (GBR), 57 Punkte
2. Nicholas Heiner (NED), 84 Punkte)
3. Andy Malony (NZL), 95 Punkte
17. Max Kohlhoff (Kieler Yacht-Club), 164 Punkte
LASER Standard
1. Matthew Wearn (AUS), 55 Punkte
2. Sam Meech (NZL), 64 Punkte
3. Tonci Stipanovic (CRO), 98 Punkte
LASER RADIAL
1. Anne-Marie Rindom (DEN), 59 Punkte
2. Alison Young (GBR), 74 Punkte
3. Maria Erdi (HUN), 91 Punkte
NACRA17
1. Ruggero Tita/Caterina Banti (ITA), 51 Punkte
2. Ben Saxton/Nicola Boniface (GBR), 77 Punkte
3. Fernando Echavarri/Tara Pacheco (ESP), 90 Punkte
RS:X MÄNNER
1. Pawel Tarnowski (POL), 34 Punkte
2. Louis Giard (FRA), 36 Punkte
3. Sebastian Fleischer (DEN), 48 Punkte
(Keine deutschen Starter im Einsatz.)
RS:X FRAUEN
1. Lilian de Geus (NED), 38 Punkte
2. Pei Na Chen (CHN), 49 Punkte
3. Flavia Tartaglini (ITA), 65 Punkte
(Keine deutschen Starter im Einsatz.)